3.1 Bemerkungen zu bildlichen Darstellungen

Etwa von der Mitte des sechsten Jahrhunderts v.Chr. an gewannen Abbildungen bogenschießender Kämpfer in der attischen schwarzfigurigen Vasenmalerei sehr stark an Beliebtheit (Hall 1989, 138; Lavelle 1992, 80.87). Diese Bogenschützen werden meistens mit spitzen Mützen, enganliegenden und langärmeligen Jacken sowie mit bunt gemusterten Hosen dargestellt (vgl. Boardman 1977, 228). Die Anregungen zur Darstellung dieser durchweg als "nördliche Barbaren" gedeuteten Bogenschützen auf den attischen Vasen gingen wohl von der Anwesenheit fremder Soldaten in Athen aus, die im Dienst des Peisistratos in diese Stadt gekommen sein sollen (Boardman 1977, 228; Hall 1989, 138) 35, wobei allerdings die antike literarische Tradition 36 keine direkten Rückschlüsse auf die Volkszugehörigkeit dieser Söldner der Peisistratiden zuläßt (vgl. Welwei 1974, 10; Lavelle 1992).

Die Bedeutung, welche die Identifizierung von Bogenschützen auf Vasenbildern im Rahmen dieser Untersuchung hat, läßt sich vor allem mit der Tatsache begründen, daß auf der sogenannten François-Vase drei kniende Schützen dargestellt sind, von denen einer als KIMERIOS namentlich bestimmt ist. Die Verwendung dieses Namens, der mindestens einen der dargestellten Schützen als "Kimmerier" zu bezeichnen scheint, wurde als Reminiszenz an die Kämpfe der Griechen mit den Kimmeriern gedeutet (Zahn 1896, 74); zudem brachte R. Zahn diese mutmaßliche Identifizierung eines Kimmeriers in Verbindung mit der schwarzfigurigen Abbildung von spitzmützigen Reitern auf einer im etruskischen Vulci gefundenen "pontischen" Vase (vgl. Dümmler 1887, 172 Taf. 9). Der Auffassung, daß es sich somit auch bei diesen bogenschießenden und mit spitzen Mützen bekleideten Reitern um Kimmerier handeln müsse, haben sich bis zum heutigen Tage zahlreiche Forscher angeschlossen 37, wobei bereits an dieser Stelle darauf aufmerksam gemacht werden soll, daß kein schriftliches Dokument griechischen Ursprungs existiert, das eine genaue Beschreibung von Kimmeriern hinterlassen hat und damit eine derartige Identifizierung untermauern könnte.


35 Damit ergäbe sich mit dem Jahr 546 v.Chr. für die Landung des Peisistratos in Marathon, die seine Rückkehr nach Athen einleitete, ein recht präziser terminus post quem für den Zeitpunkt, ab dem die Zahl der Abbildungen von Bogenschützen und Reiterkriegern stark anwuchs (vgl. Lavelle 1992, 78-80).
36 So erwähnt Herodot in seinem Bericht über die Rückkehr des Peisistratos nach Athen zwar "epikouroi", mittels derer der Tyrann seine Herrschaft sicherte (Hdt. I 64), aber damit sind nur allgemein "Bundesgenossen" oder "Söldner" bezeichnet, ohne auf deren Herkunft einzugehen.
37 Die große Zahl der Forscher, die sich der Ansicht einer kimmerischen "Nationalität" dieser Bogenschützen anschlossen, verhindert deren vollständige Aufzählung. Deshalb werden hier stellvertretend nur einige genannt: Minns 1913, 53; Kothe 1963, 22.36; Kiechle 1965, 119; Cernjakov 1986, 57.58; Murzin 1991, 57 Abb. 1.


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