5.1.3 Zu den Gründungsdaten einiger Kolonien

Während Thukydides zu den Städtegründungen in Sizilien und Süditalien eine umfangreiche relative Chronologie überlieferte, die sich außerdem durch einzelne Daten absolutchronologisch verankern läßt (Leschhorn 1984, 6), gibt es keine geordneten antiken Informationen über die Kolonien des Schwarzmeerraumes. Auch bei Herodot findet sich, obwohl er viele Nachrichten über die Skythen und Griechen des Schwarzmeerraumes überliefert, nur die Mitteilung, daß zwei der Städtegründungen - nämlich Istros und Borysthenes - von Milesiern ausgingen (Hdt. II 33,3.4; IV 78,3). Ansonsten findet die ionische Kolonisationsbewegung im Werk Herodots keinen direkten Widerhall, und erst in hellenistischer Zeit wurden einige Korrelationen und Synchronismen hergestellt (Roebuck 1959, 119), denen die moderne Forschung im wesentlichen gefolgt ist. Da es im Rahmen dieser Untersuchung weder möglich noch sinnvoll ist, die Gründungsdaten aller Kolonien des Schwarzmeerraumes zu erörtern, konzentrieren sich die Untersuchungen auf diejenigen Städte, bei denen sich Verbindungen zur Geschichte der Kimmerier herstellen lassen.

Für den Verlauf der Kolonisationsbewegung und damit für die Gründungsdaten einzelner Kolonien ist es sicher wichtig gewesen, daß kaum ein griechischer Kapitän über das Schwarze Meer gesegelt sein wird, sondern daß diese Fahrten sicherlich entlang der Küsten verliefen (Armayor 1978a, 49). Deshalb wird vielfach versucht, die Gründungsdaten in logische Folgen zu bringen, indem die geographischen Verhältnisse der Kolonien chronologisch ausgewertet werden. Ausgehend von der Hypothese, daß es bei dem Zustand der antiken Küstenschiffahrt unmöglich gewesen sein muß, zuerst eine Stadt am Ostufer des Pontos zu gründen, ohne zuvor sichere Anlegeplätze an der Südküste zu haben (Bilabel 1920, 64), wären für die Nordküste und den Bereich des Kimmerischen Bosporos spätere Gründungsdaten zu erwarten als für die südlichen Küsten des Pontos Euxeinos.


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