7 Untersuchungen zu den Epen des Homer

Die griechische Literatur beginnt mit den Heldenepen "Ilias" und "Odyssee", die zu einem insgesamt acht Epen umfassenden Gesamtwerk gehört haben sollen (Fränkel 1962, 6). Der Überlieferung nach wurden sie von einem fahrenden Sänger namens Homer verfaßt 372, der aus dem ionischen Osten gestammt haben soll. Aber es fehlen gesicherte Anhaltspunkte für eine Entscheidung, ob die Gestalt und die Verfasserschaft Homers historisch ist (vgl. Fränkel 1962, 6-27).

Die Erörterungen des Strabon zu den Epen des Homer lassen erkennen, welche große Bedeutung den geographischen, ethnographischen und letztendlich auch historischen Angaben des Homer bereits im Altertum durchaus beigemessen wurden. Homers Aufzählung von "Stutenmelkern", "Milchessern" und "Abiern" bietet dem Strabon vielfach Anlaß, die Sitten der ans Schwarze Meer angrenzenden Völker zu erörtern. Zudem scheint Homer mit seiner Erwähnung der Kimmerier in der Odyssee, deren Entstehungszeit oft ins achte vorchristliche Jahrhundert und damit zugleich in das beginnende Zeitalter der griechischen Kolonisation gesetzt wird (vgl. Dihle 1994, 12), die früheste namentliche Nennung dieses Volkes zu liefern. Die Notwendigkeit, diese Aussage Homers zu prüfen, wird deutlich, wenn selbst in der modernen Forschung die Nennung der Kimmerier in der Odyssee als gewichtiges Argument für die ursprüngliche Heimat der Kimmerier an der Nordküste des Schwarzen Meeres genannt wird, weshalb "neuere Versuche, eine Auswanderung der Kimmerier aus der heutigen Ukraine nach Anatolien zu leugnen ..., ... nicht akzeptabel" seien (so Parker 1997, 68.69 Anm. 285).

Die enge inhaltliche Verknüpfung von Ilias und Odyssee einerseits und den Erzählungen über die Reise des Iason zum "Goldenen Vlies" andererseits (vgl. Strab. I 1,10) läßt es ratsam erscheinen, die Untersuchungen zur Überlieferung des Homer durch eine Erörterung der Probleme abzurunden, die sich bei den Versuchen ergeben, die von den Argonauten gewählten Fahrtrouten zu rekonstruieren.