9.1 Urartu, Assyrien und Gimirrai

Schon F. Hancar wies darauf hin, daß Urartu für die geschichtliche Erfassung seiner zeitgenössischen Nachbarn in Transkaukasien eine ähnliche Bedeutung zukomme wie den Griechen für diejenige der Skythen (F. Hancar 1949, 299). Das Land Urartu lag im äußersten Osten des heutigen Anatolien und hatte sein Kerngebiet um den Van-See. Während der zwischen rund 750 und 733 v.Chr. liegenden Regierungszeit des Sarduri II. fand der größte Machtzuwachs von Urartu statt, welcher sich auch in einer Intensivierung der transkaukasischen Interessen niederschlug. Auch wenn der genaue Verlauf der damaligen Nordgrenze Urartus nicht zu bestimmen ist (vgl. Soden 1962, 88), so steht dennoch fest, daß die Feldzüge des Sarduri urartäische Heere mehrfach in den transkaukasischen Raum führten und - falls die Identifizierung des Landes Qulcha als "Kolchis" korrekt ist - möglicherweise sogar das Schwarze Meer erreichten (vgl. Salvini 1995, 70-78; Smith 1999). Es fällt auf, daß aus dieser Zeit keine Zeugnisse urartäischer Herkunft für Kontakte mit "Kimmeriern" in diesen nördlich von Urartu gelegenen Gebieten überliefert sind. Dennoch wird von einem Spannungsverhältnis zwischen Urartu und Reiternomaden aus den nördlich des Kaukasus liegenden Steppen ausgegangen, das bereits zu dieser Zeit bestanden haben soll.

Der erste in assyrischen Texten schriftlich bezeugte Kontakt zwischen Urartäern und den Gimirrai ist militärischer Art: Der König Urartus, Rusa I., soll in ein Gamir genanntes Land dieser Gimirrai gezogen sein, wo er gegen diese eine vernichtende Niederlage hinnehmen mußte; im gleichen Jahr aber soll Rusa auch den Assyrern unter ihrem König Sargon in einer Schlacht unterlegen sein. Zwischen Assyrern und Gimirrai soll es allerdings zu keinerlei Kontakten gekommen sein (Ivancik 1993, 19).


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