9.2.1.2 Zum Namen des "Kimmeriers" Teuspâ

Der Name Teuspâ des in den Annalen Assarhaddons genannten Anführers der "Kimmerier" veranlaßt zu Überlegungen über dessen Herkunft, zumal mit dessen Zuordnung auch häufig eine völkische Zuordnung der Kimmerier insgesamt versucht wird. So hieß der hurritische Hauptgott Tesub('a), "der Zerstörer", ein Gott des Donners und der Blitze, dem in Urartu der Teiseba, der zweithöchste der urartäischen Götter, entsprach (vgl. Van Loon 1966, 4). Eine derartige Ableitung des Namens des "kimmerischen" Anführers Teuspâ verleitete F.W. König zu der Aussage, daß "es ... uns ... nicht wundern [kann], wenn uns der Assyrerkönig Assarhaddon einen Gimirraifürsten mit einem chaldischen [= urartäischen] Namen überliefert: Den Gimirrai Teuspâ, [weil] die Kimmerier ... bereits 714 v.Chr. einen so vernichtenden Schlag gegen das Chalderreich von Urartu geführt [haben], daß König Rusa Selbstmord beging" (König 1934, 27). E. Meyer hingegen drückte die Meinung aus, daß "der Name eines Kimmerierfürsten Teuspâ ... deutlich iranisch ist", weshalb "es möglich [wäre], daß ... die Kimmerier ... eine frühere iranische Welle darstellen" (Meyer 1954b, 38.39). Eine vergleichbare Meinung vertrat W. Nagel, der den Namen des Teuspa als "kaum von dem im persischen Königshaus der Achämeniden so geläufigen »Caispis« zu trennen" bezeichnete und deswegen äußerte, daß "die Kimmerier als eine Gruppe des persischen Großstammes zu betrachten" seien (Nagel 1982, 34). In der Tat nennt auch Herodot zwei Achämeniden mit dem Namen "Teispes" (Hdt. VII 11,2), von denen einer der Vater des älteren Kyros gewesen sein soll 488. Auch J. Marquart hatte eine Ableitung des Namens Teuspâ aus dem Altpersischen vorgeschlagen, indem er ihn auf *Taw-aspa = "kräftige Rosse besitzend" zurückführen wollte (Marquart 1905, 105.106; vgl. Zgusta 1955, 17). H. Kothe lehnte diese Deutung insofern ab, daß das Pferd altpersisch nicht aspa, sondern asa heiße, und deshalb eher die medische Form *Tava-spa möglich erscheine, zu awestisch tavah "Kraft, Macht" und spa "Hund" (Kothe 1969, 62 Anm. 3). G. Schramm hingegen bezeichnete die Rückführung von Teuspâ auf iranische Ursprünge grundsätzlich als willkürlich und sprach statt dessen von einem "nichtiranischen Namen", ohne aber einen weiterführenden eigenen Vorschlag zu machen (Schramm 1973, 214.215). A. Ivancik schließlich bezeichnete die Versuche, den Namen des Teuspâ aus iranischen Sprachen abzuleiten, zwar "als möglich, aber dennoch nicht unanfechtbar" (Ivancik 1993, 62). Somit scheint sich abzuzeichnen, daß der Name dieses "kimmerischen" Anführers nicht zu einer ethnischen Einordnung der Gimirrai geeignet ist. Außerdem machte L. Zgusta darauf aufmerksam, daß "dynastische" Namen sowieso eine nur sehr beschränkte Aussagekraft bezüglich der ethnischen Zugehörigkeit des Volkes haben (Zgusta 1955, 18). Somit wäre für die ethnische Einordnung der Gimirrai wenig gewonnen, selbst wenn es gelingen würde, die Herkunft des Namens Teuspâ zu klären.


488 Die Inschrift eines Tonzylinders Kyros' II. gibt auch die Namen der Vorfahren des Herrschers wieder. Nach der Nennung des Vaters Kambyses und des ebenfalls Kyros genannten Großvaters erscheint der Name Teispes für den Urgroßvater des Kyros (Pritchard 1950, 316; vgl. Balcer 1987, 36).


zurück zum
vorherigen Kapitel
zurück zur
HOMEPAGE
weiter zum
nächsten Kapitel