9.3.1.2 Zum sogenannten Tributzug aus Persepolis

Darstellungen von Saken finden sich auch auf den Reliefs, welche die Bauwerke der von Dareios gegründeten Palaststadt Persepolis schmücken. Zur sogenannten Apadana, der großen Empfangshalle der achämenidischen Herrscher, führte je eine Treppe von Osten bzw. Norden. Auf den Wangen dieser beiden Treppenanlagen 512 waren spiegelbildlich identische Szenen dargestellt: Ein Aufmarsch gabenbringender Reichsvölker sowie das Defilee adliger Ehrengäste (Walser 1980, 11). Unter den insgesamt 23 Delegationen, die jeweils drei bis neun Männer umfassen, befindet sich auch eine sechs Vertreter umfassende Abordnung, die als Saken bestimmt wird (Walser 1966, 84-86).

Abb. 26: Elfte Delegation des sogenannten "Tributzuges"

Abb. 26: Elfte Delegation des sogenannten "Tributzuges" (nach Walser 1966, Taf. 18).

Die Identifizierung dieser elften Delegation des sogenannten Tributzuges als Saken beruht allerdings allein auf der Tatsache, daß alle Mitglieder dieser Gruppe besonders hohe und spitze Mützen tragen (vgl. Walser 1966, 84). Es gibt, im Gegensatz zum Relief von Bisutun oder den bildlichen Darstellungen an den Gräbern in Naqs-i-Rustam keine erläuternden Beischriften, die eindeutige ethnische Zuweisungen der abgebildeten Delegationen ermöglichen würden (vgl. dazu Abb. 26). Die Bestimmung der "Nationalitäten" der dargestellten Abordnungen beruht vorwiegend auf trachtkundlichen Beobachtungen und bedeuten folglich ethnische Zuordnungen nach Kleidern und Kopfbedeckungen.

Auch die Bestimmung der elften Delegation als "Saken" kann nicht als absolut sicher gelten. Deren Mitglieder sind nämlich, mit Ausnahme der "skythischen" Mütze, in einer Art gekleidet, die durchaus als "medisch" bezeichnen werden kann (Walser 1966, 85; Vogelsang 1988, 130). Ebenso wie die medischen Gesandten, welche die erste Delegation bilden, tragen die Mitglieder der Gruppe, die als Saken identifiziert wird, enganliegende, langärmelige und knielange Leibröcke sowie glatte Reiterhosen, die über dem Rist des Fußes verschnürt sind (vgl. Walser 1966, Taf. 56). Eine vergleichbare Tracht findet sich ansonsten nur bei dem Skunka genannten Anführer der "spitzmützigen Saken" auf dem Relief von Bisutun: Dessen Kleidung unterscheidet sich allerdings, mit Ausnahme der hohen Mütze, nicht von der medischen Tracht der übrigen abgebildeten Gefangenen (Hinz 1969, Taf. 26a; vgl. Vogelsang 1988, 130).

Die tabellarische Aufstellung bisheriger Identifikationen der Teilnehmer am sogenannten Tributzug bei G. Walser veranschaulicht auch die unterschiedlichen Bestimmungen, welche diese elfte Delegation bislang erfahren hat: "Saka", "Saka tigrachauda", "europäische Skythen" oder allgemein "Skythen" (Walser 1966, 102). Der Übersicht Walsers lassen sich noch die Bestimmungen durch W. Hinz sowie durch R. Hachmann und S. Penner anfügen: Hachmann und Penner identifizierten diese Delegation als "Saka tigrachauda" (Hachmann u. Penner 1999, 265 Abb. 44), und Hinz bezeichnete die Abordnung als "spitzmützige Saken", demzufolge also auch als "Saka tigrachauda" (Hinz 1969, 79). Auch wenn eine genauere Bestimmung dieser Delegation schwerlich möglich scheint, so stimmen die Identifikationen aber, bei Anerkennung der von Herodot überlieferten persischen Gleichsetzung Saka = Skythen, zumindest in der Grundrichtung überein. Auffällig ist dann aber, daß unter den verbleibenden 22 Delegationen sich keine weitere eindeutig als skythisch bzw. sakisch bezeichnen läßt 513, obwohl von achämenidischen Grabreliefs durch deren Beischriften eine klare Dreiteilung der Saken bekannt ist.


512 Während die Darstellungen auf der Nordtreppe stark zerstört sind, blieben diejenigen der bis in die Neuzeit unter Schutt verdeckten Osttreppe fast unversehrt. Deshalb beziehen sich die Beschreibungen nur auf die Reliefs des östlichen Zugangs zur Apadana.
513 G. Walser war zwar der Auffassung, daß "nach der Tracht ... die siebzehnte Delegation zu den ostiranischen oder skythischen Stämmen gehören" müsse (Walser 1966, 93), identifizierte sie jedoch als "Sogder". Dies versuchte Walser anschließend dadurch zu rechtfertigen, daß er diese sogdische Abordnung zu einer Gruppe der "sogdisch-skythischen" Stämme zählte.


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