2.2 Forschungsgeschichte

Erste Versuche, archäologische Funde mit den Kimmeriern in Verbindung zu bringen, gehen in das neunzehnte Jahrhundert zurück. D.J. Samokwassow versuchte bereits 1888 in Toten, die in Gräbern der südrussischen Steppen bestattet waren und die sich durch die Bestreuung mit roter Tonerde, sogenanntem Ocker, auszeichneten, Kimmerier zu identifizieren (Samokwassow 1888, 134; 1908, 41). Auf dem achten russischen archäologischen Kongreß in Moskau im Jahr 1890 berichtete er dann über die "Zeitfolge der Gräberfunde in den südlichen und mittleren Gebieten des russischen Reiches" (vgl. Stieda 1892, 153.154). In diesem Vortrag versuchte Samokwassow, die in den Kurganen Südrußlands entdeckten Funde nach historischen Epochen zu ordnen. Hierbei bildete er unter Berücksichtigung der ihm bekannten literarischen Zeugnisse fünf Gruppen, die somit "historischen" Epochen entsprechen sollten. Nach den Vorstellungen von Samokwassow reichte die älteste der von ihm definierten Perioden, nämlich die "kimmerische", bis zum siebten vorchristlichen Jahrhundert, bis zur allgemein angenommenen Einwanderung der Skythen in das Schwarzmeergebiet und der Bildung eines skythischen Reiches zwischen Don und Donau. Samokwassow arbeitete jedoch keine einheitliche Ausstattung derjenigen Gräber aus, die er der "kimmerischen" Epoche zugeordnet hatte. Vielmehr definierte er diese angeblich "kimmerischen" Gräber ausnahmslos über das Vorkommen von Gegenständen aus Knochen, Ton, Stein und Bronze, sowie das Fehlen von Gegenständen aus Eisen (Stieda 1892, 154). Damit waren allerdings bereits zwei der Kriterien bestimmt, die für die Definition der postulierten "kimmerischen Kultur" lange Zeit ausschlaggebend waren und über die - so zumindest H. Kothe - in der Forschung "Einigkeit" zu bestehen scheint: vorskythisch und bronzezeitlich 7.

Im Jahr 1904 veröffentlichte K. Hadaczek einen bereits 1878 in Galizien entdeckten Hortfund, der sich aus Goldgegenständen zusammensetzt. Zeitlich ordnete Hadaczek diesen aus Michalkow stammenden Fundkomplex in einen Zeitraum zwischen dem achten und dem sechsten Jahrhundert v. Chr. ein (Hadaczek 1904, 10). Stilistische Untersuchungen führten ihn bezüglich des Herstellungsortes des Michalkower Goldschatzes zu der Schlußfolgerung, daß dieser nicht in Galizien selbst, sondern "irgendwo in den nördlichen Ländern der Balkanhalbinsel zwischen dem Schwarzen und dem Adriatischen Meere" zu suchen sei. Indem nun Hadaczek einerseits wegen des Vorkommens von Fibeln im Michalkower Fund eine Verbindung zu den Skythen ablehnte - nach seiner Anschauung schloß die skythische Tracht nämlich den Gebrauch von Fibeln aus - und andererseits auch die Datierung des Schatzfundes auf eine Epoche hindeutete, "in welcher die Skythen ihre Sitze am Schwarzen Meer noch nicht inne hatten, das Land am nördlichen Gestade vielmehr noch von den Kimmeriern bewohnt war", wollte Hadaczek den Goldschatz von Michalkow mit den "ethnisch verwandten" Völkern der Kimmerier, Thraker und der Illyrer in Verbindung bringen (Hadaczek 1906, 37.38). M. Ebert hingegen sprach kurz danach anläßlich seiner Abhandlung über den "Goldfund von Dalj", dessen "enge Formenverwandtschaft" mit den Fundkomplexen von Michalkow und Fokoru er als bewiesen ansah, die Meinung aus, daß für "ethnographische Folgerungen" jede Grundlage fehle (Ebert 1908, 276).

Im Jahr 1925 besprach P. Reinecke in einem Aufsatz den Goldfund von Valcitran in Bulgarien. Er ordnete ihn in einen "nordthrakisch-kimmerischen" Zusammenhang ein, den er in das achte bis siebte vorchristliche Jahrhundert datierte. Der Fund von Valcitran sollte dabei Teil eines größeren Kreises von zahlreichen Goldschätzen und einigen Siedlungs- sowie Grabfunden sein, der von "Südrußland durch die Bukowina und Ostgalizien nach Siebenbürgen sowie über den Nord-, Mittel- und Südteil der Theißebene bis Pannonien" zu verfolgen war und durch den neuen Fund nun um das Nordbalkangebiet südlich der Donau erweitert wurde. Konkretes Ereignis, das zum Verbergen dieser Goldschätze veranlaßt habe, soll der "Vorstoß der Skythen nach Südrußland" gewesen sein, "der das Kimmerierreich zerstörte und die Wanderungen der Kimmerier auslöste" (Reinecke 1925, 52) 8.

Der Vorrat an Denkmälern dieses "nordthrakisch-kimmerischen Kulturkreises der jüngeren Hälfte der Hallstattzeit" bestand überwiegend aus reich ausgestatteten Goldschätzen 9, weshalb der von Herodot berichtete Goldreichtum der Agathyrsen Reinecke zusätzlich dazu bewog, neben seine beiden Wortschöpfungen "nordthrakisch-kimmerisch" bzw. "kimmerisch-nordthrakisch" für diese Gruppe reicher Goldschätze ferner die Bezeichnung "kimmerisch-frühagathyrsisch" zu setzen (Reinecke 1925, 54). Zwar konnte sich die letzte der Bezeichnungen nicht durchsetzen, blieb aber dennoch nicht gänzlich ohne Auswirkungen auf die weitere Forschung. Beispielsweise berief sich W. Brandenstein in seiner Untersuchung zu den skythischen Abstammungssagen auf einen Aufsatz von J. Harmatta, um seine Behauptung zu untermauern, daß es sich bei den Agathyrsen um ein "präskythisches Volk" gehandelt habe (Brandenstein 1953/55, 205). Harmatta zitierte an der von Brandenstein als Beleg angeführten Textstelle allerdings nur die von Reinecke vorgeschlagenen Benennungen des von ihm definierten "Kulturkeises" (Harmatta 1948, 102).

Indem P. Reinecke die Agathyrsen als Urheber eines Teils der Hortfunde bezeichnete, schienen die reichen Goldfunde "eine schöne Bestätigung der Angabe Herodots ... vom Goldreichtum der Agathyrsen" zu sein (so Reinecke 1925, 54). Jedoch läßt sich Herodot nicht als Zeuge dafür anführen, daß Kimmerier und Agathyrsen zur gleichen Zeit Bewohner der nordpontischen Steppen gewesen sind. Vielmehr erscheint Agathyrsos, der mythische Stammesbegründer der Agathyrsen, bei Herodot als einer der Brüder des Skythes, des sagenhaften Stammvaters der Skythen (Hdt. IV 10). Auch alle weiteren Erwähnungen von Agathyrsen (Hdt. IV 48; IV 78; IV 100; IV 102; IV 104; IV 119; IV 125) geben keinerlei Hinweis auf ein "vorskythisches" Alter dieses Volkes. Somit kann hier auch nicht von einer Bestätigung einer Angabe des Herodot durch archäologische Funde die Rede sein, sondern es muß von einer unkritischen Übernahme eines aus schriftlichen Quellen bekannten Namens gesprochen werden. Aber ebenso wie sich Reinecke auf Herodot als Zeuge berief, dürften die Aussagen dieses "Vaters der Geschichtsschreibung" auch für V. Pârvan der Anlaß gewesen sein, sich eine "um 1000 v. Chr." existierende "Welt der Geto-Kimmerier" vorzustellen, welche "reguläre Verbindungen zwischen Alpen und Kaukasus" ermöglichte (Pârvan 1926, 61). Indem Pârvan einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Geten und den Kimmeriern herstellte, erinnerte er an den von Herodot berichteten Umstand, daß das Siedlungsgebiet der thrakischen Geten zur Zeit des Skythenfeldzuges des Dareios unmittelbar an die Donau grenzte (Hdt. IV 93). Weil nördlich der Donau aber bereits das skythische Gebiet begonnen haben soll (Hdt. IV 99), scheint Pârvan "getisch" sozusagen synonym zu "nordthrakisch" benutzt zu haben.

In seinem Werk "The Danube in Prehistory" aus dem Jahr 1929 ging V.G. Childe davon aus, daß sich mit dem Beginn des ersten vorchristlichen Jahrtausends die Richtung, in der die Kulturströmungen zwischen Mitteleuropa und den russischen Steppen flossen, umgekehrt habe. Während die Hauptrichtung nun von West nach Ost verlaufen sein soll, wollte Childe in dem aus Michalkow bekannten Tierstil bloß eine "schwache Reaktion" auf die seiner Meinung nach wesentlich stärkere Ostströmung sehen (Childe 1929, 393). Die Art dieses Tierstils erschien Childe aber untypisch für Skythen, wobei er die nächsten Entsprechungen aus den kaukasischen Gräbern der Koban Periode kannte, die er als "präskythisch" bezeichnete (Childe 1929, 390). Aus den Gräbern des Gräberfeldes von Koban, die in die Zeit um 1000 v. Chr. datiert wurden, waren Childe ferner eine ganze Serie von Gegenständen bekannt, die er als "ungarische und mitteleuropäische Typen" bezeichnete. Er hielt es jedoch für ein Phantasiegebilde - wörtlich "pet theory" - von einigen englischen und französischen Archäologen, daß diese Typen und mit ihnen die Kenntnis des Eisens von Koban aus über Ungarn nach Mitteleuropa gelangt sei. Vielmehr bezeichnete Childe die Ukraine und Ungarn in der Hallstattzeit als "backwater", also als Staubecken, in dem weiterhin Bronze in Gebrauch war und das eine Verbindung der beiden eisenzeitlichen Zentren im Kaukasus und im Bereich der Alpen geradezu verhinderte, weshalb das Eisen Ungarn zuerst aus dem Westen erreicht habe (Childe 1929, 393). Eine erneute Umkehrung der Kulturströme in eine Ost-West-Richtung soll erst mit dem Einfall der Skythen bis in das östliche Mitteleuropa um 500 v. Chr. erfolgt sein (Childe 1929, 394). Bei diesem Vorstoß sollen die Skythen in Südrußland ein "bronzezeitliches Bauernvolk" unterworfen haben, dessen Namen Childe zwar nicht nannte, mit dem er aber nur die Kimmerier gemeint haben konnte (Childe 1952, 252).

Zur Untermauerung seiner These, daß die Kenntnis der Eisenverarbeitung Ungarn auf keinen Fall aus dem Osten erreicht haben könne, verwies Childe auf den Umstand, daß bronzenes Pferdezaumzeug aus Ungarn demjenigen aus dem Kaukasus überhaupt nicht gleiche (Childe 1929, 393 Anm. 12); vielmehr versuchte Childe aus der ungarischen Tiefebene stammendes Pferdegeschirr auf einen in "präskythischer" Zeit - also nach eigener Definition vor 500 v. Chr. - stattgefundenen Einfall aus dem südillyrischen Bereich zurückzuführen (Childe 1929, 388).

Die Veröffentlichung des "thrako-kimmerischen Goldfundes" aus Mihaeni in Nordwest-Siebenbürgen bot J. Nestor im Jahr 1934 den Anlaß, sich mit der von Reinecke definierten Denkmalgruppe zu beschäftigen (Nestor 1934a). Hierbei schien Nestor nicht nur "über die Einreihung" der zum Fund von Mihaeni gehörenden Gegenstände in den von Reinecke definierten Kreis "keine Zweifel" zu haben (Nestor 1934a, 176), auch bezüglich dessen "zeitlicher Festlegung" folgte Nestor dem Vorschlag von Reinecke, der den Anlaß zur Niederlegung der meistens Edelmetall-, seltener Bronze- oder Kupfergegenstände enthaltenden Depots im Vorstoß der Skythen nach Südrußland sah, wodurch das Reich der Kimmerier zerstört und somit deren Wanderungen ausgelöst worden seien (Reinecke 1925, 52). Zusätzlich verband Nestor die "Vertreibung der Kimmerier durch die Skythen" und deren zeitliche Einordnung in Reineckes Hallstattstufe C mit den Hinweisen in "assyrisch-babylonischen Urkunden, welche die Kimmerier ... und die Skythen schon am Ende des 8. Jhdts v. Chr. in Westasien erwähnen": der Vorstoß der Skythen nach Südrußland mußte also im achten vorchristlichen Jahrhundert stattgefunden haben. Nestor bezeichnete daher eine Niederlegung der Funde von Michalkow, Fokoru, Dalj und Mihaeni in dieser Zeit als "geschichtlich möglich" (Nestor 1934a, 178).

Jedoch schien für Nestor mit dem achten Jahrhundert v. Chr. nur ein "prinzipiell gesicherter terminus a quo" für die "kimmerische Gruppe Michalkow-Fokoru-Dalj" gefunden zu sein (Nestor 1934a, 178). Bereits ein Jahr zuvor hatte er nämlich in einem Aufsatz über den "Stand der Vorgeschichtsforschung in Rumänien" darauf hingewiesen - dabei vielfach den Ansichten folgend, die V. Pârvan im Jahr 1926 in seinen "Getica" geäußert hatte -, daß man "manche in Michalkowo belegte Kulturelemente, die man dort nicht genau datieren kann, ... eher spät ansetzen muß", und deshalb vom Vorhandensein einer "späten »thrako-kimmerischen« Gruppe" am westlichen Rand des thrako-kimmerischen Gebietes geschrieben (Nestor 1933, 126). Weil Nestor den Anlaß für die Niederlegung des Schatzes von Micha³kow nach wie vor in den "herannahenden Skythen" sah, die diese westlichen Gebiete "höchstwahrscheinlich nicht im 7., sondern im 6. Jhdt. v. Chr." erreicht hätten, glaubte er aber auch folgern zu können, daß dieser Schatz erst "um 600 v. Chr." in die Erde gelangte (Nestor 1934a, 180). Somit schien sich die Gruppe reicher Goldfunde, die den Kimmeriern zugeschrieben wurden, chronologisch etwa zwischen 800 und 600 v. Chr. ansiedeln zu lassen.

Die Diskussion über den Kimmeriern zugeschriebene materielle Überreste konzentrierte sich lange Zeit auf reiche Goldfunde. Auch Reinecke hatte seinen "thrako-kimmerischen" Kreis über diese Edelmetalldepots definiert, während er die Beziehungen zu Fundkomplexen mit Pferdegeschirrbronzen, von denen er selbst einen zu Beginn des Jahrhunderts veröffentlicht hatte (Reinecke 1907, 42-44), nur andeutete. Im Jahr 1932 aber versuchte K. Willvonseder einen Fundkomplex aus Stillfried an der March, zu dessen Bestandteilen auch bronzene Pferdegeschirrteile gehörten, kulturhistorisch einzuordnen (Willvonseder 1932). Bis zu diesem Zeitpunkt wurde dieser Fund - ohne die Datierung näher zu erläutern - nach Hallstatt A datiert, wobei jedoch bereits O. Menghin anläßlich einer kurzen Erwähnung des Fundes auf dessen vermutlich "östliche Herkunft" angesprochen hatte (Menghin 1918, 121.125). Ebenso sprach nun Willvonseder von den im Stillfrieder Depot 10 vorkommenden "Formen ..., die nicht dem Formenkreis der bodenständigen Hallstattkultur entspringen" und die deshalb auf eine "fremde Herkunft" schließen ließen (Willvonseder 1932, 25).

L. Franz trat zwar kurz danach auch dafür ein, daß zumindest einige der Bestandteile des Stillfrieder Fundes auf eine "östliche Herkunft" hindeuten würden, wobei jedoch seine Hinweise auf Parallelen aus Ungarn und die Erwähnung "ungarländischer Zierelemente" deutlich zeigen, was er unter diesen "östlichen Beziehungen" verstanden hat (Franz 1933, 134). Die Verzierung von vier der Stillfrieder Trensenknebel mit stilisierten Pferdeköpfen (vgl. Abb.2,1.2) ließ indes Willvonseder an Vergleiche mit Funden aus Südrußland denken, die er dabei als skythisch ansprach (Willvonseder 1932, 30.37). "Skythische Beziehungen" zur ostalpinen Hallstattkultur sah er gleichfalls durch das Vorkommen von dreiflügeligen bronzenen Pfeilspitzen im Gräberfeld von Hallstatt bezeugt (Willvonseder 1932, 37). Willvonseder versuchte sich jedoch dadurch, daß er die Bezeichnungen "Skythen" bzw. "skythisch" in einer "allgemeinen Natur" benutzen wollte, einer ethnischen Deutung mit der Begründung zu entziehen, daß "man ... kaum alle Formen bestimmten skythischen oder den Skythen verwandten Völkern zusprechen" könne, von denen er als Beispiele speziell die Sarmaten und die Saken nannte (Willvonseder 1932, 36). Bezüglich der chronologischen Einordnung des Stillfrieder Fundes vermutete Willvonseder - dabei mit den "Zierelementen skythischer Herkunft" an den Pferdegeschirrbestandteilen argumentierend - dann den Schluß ziehen zu können, daß dieser Fund "frühestens aus dem 7. vorchristlichen Jahrhundert stammen" könne, weil bislang keine früheren Spuren der Skythen nachgewiesen worden seien (Willvonseder 1932, 38; ebenso Franz 1933, 133). Diese Theorie, in den Schöpfern der "thrako-kimmerischen" Bronzen quasi "frühe Skythen" zu identifizieren, schien zudem durch Untersuchungen regionaler Kulturerscheinungen Bestätigung zu finden. So stellte T. Sulimirski fest, daß in Südostpolen zwischen der thrako-kimmerischen und der skythischen Zeit "kein Umsturz vor sich ging" und behauptete daher: "Die skythische Kultur bildet hier eine Fortsetzung der thrako-kimmerischen Periode" (Sulimirski 1938, 150). Noch 1961 versuchte S. Foltiny einen Fundkomplex aus Ugra wegen eines Musters von durchbrochen gearbeiteten Bronzescheiben (vgl. Abb. 7,1.3), das er als "skythischen" Tierstil bezeichnete, mit der Eroberung der ungarischen Tiefebene durch Skythen in der zweiten Hälfte des sechsten Jahrhunderts v. Chr. in Verbindung zu bringen, um hiermit das Weiterleben von im Fundkomplex von Ugra vorkommenden thrako-kimmerischen Funden bis an das Ende von Stufe Hallstatt C zu belegen (Foltiny 1961b, 180.181).

Zwar hatten bereits K. Willvonseder und L. Franz im Rahmen ihrer typologischen Untersuchungen zu den aus dem Depot von Stillfried stammenden Gegenständen eine Reihe von vergleichbaren Funden erwähnt, aber erst J. Nestor sprach in einer sich direkt an diese Untersuchungen anschließenden Studie von einem "hallstattzeitlichen Komplex" bzw. "Formenkreis", zu dem er auch das Stillfrieder Depot zählte (Nestor 1934b, 109). Trotz der mit acht Fundkomplexen eher kleinen Gruppe gelang es Nestor, die bis heute als eindeutig "thrako-kimmerisch" angesehenen Typen zu beschreiben: zweiteilige Gebißstangen, mit drei Querösen versehene Seitenstangen sowie spezielle, als Riemenbesatz verwendete Knöpfe und Scheiben, die häufig durchbrochen gearbeitet sind. Zugleich wies Nestor auf die bereits bekannten Beziehungen seines "Formenkreises" zu der durch die Funde von Michalkow, Fokoru und Dalj charakterisierten Gruppe hin, wobei er unterstrich, daß beide Gruppen "geographisch ungefähr denselben Raum" bedeckten und "zeitlich ungefähr zwischen denselben Grenzen angesetzt werden" könnten (Nestor 1934b, 127). Als zeitliche Grenzen sah Nestor hierbei Hallstatt C und das Ende der Hallstattzeit an, was der von ihm im selben Jahr gegebenen absoluten Datierung der "kimmerischen Gruppe Michalkow-Fokoru-Dalj" in etwa zwischen 800 und 600 v. Chr. entsprach (vgl. Nestor 1934a, 178-180).

Schließlich drängte sich auch Nestor die Frage "nach der völkischen Zugehörigkeit" seiner Gruppe von Pferdegeschirrbronzen auf (Nestor 1934b, 127.128). Indem er sowohl eine skythische als auch eine illyrische Herkunft ausschloß, bot sich Nestor durch die Zuordnung des Schatzes von Michalkow zum "thrako-kimmerischen Kulturkreis" Reineckes eine Erklärung regelrecht an: bei den Pferdegeschirrbronzen schien es sich um "ein Element der sehr bunt zusammengesetzten Kultur" zu handeln, "welche infolge der Westwanderung der von den Skythen aus Südrußland vertriebenen Kimmerier und infolge ihrer Vermischung mit den Thrakern diesseits des Dnjestr bis nach Mitteleuropa entstanden ist" (Nestor 1934b, 129).

S. Gallus und T. Horváth beschrieben 1939 das "bescheidene Ziel" ihres in französisch und ungarisch erschienenen Werks "Un peuple cavalier préscythique en Hongrie" damit, daß sie über eine zwar sehr wichtige, aber nur dürftig durch Funde bekannte Gruppe für zukünftige Forschungen eine erweiterte Materialbasis schaffen wollten (Gallus u. Horváth 1939, 5). Dieser Arbeit der ungarischen Forscher war es zu verdanken, daß nun ein umfangreicher Katalog von Funden aus dem Karpatenbecken vorlag, die von den beiden Autoren einem "vorskythischen Reitervolk" zugeordnet wurden. Während J. Nestor nur acht "Stammfunde" aufzählen konnte, veröffentlichten Gallus und Horváth auf 139 Tafeln und zehn Abbildungen neben zahlreichen aus Ungarn und dessen Nachbarländern stammenden Funden auch vergleichbare Stücke aus den östlich anschließenden und bis Zentralasien reichenden Gebieten. Dieses reichhaltige Material bot sich zudem für eine typologische Untersuchung an, wobei S. Gallus die charakteristischen Seitenstangen als "fossiles déterminants" der gesamten Fundgruppe bezeichnete (Gallus u. Horváth 1939, 5). Jedoch konnten die Analysen von Gallus nicht wesentlich über die bisher erzielten Ergebnisse hinausführen (vgl. Gallus u. Horváth 1939, 54): Außer der Ablehnung der von Willvonseder vertretenen Theorie, daß sich der an einigen Gegenständen zeigende "Tierstil" allein mit "skythischen Beziehungen" erklären ließe, enthielten sich Gallus und Horváth jeglicher Versuche, ein bestimmtes, aus schriftlichen Quellen bekanntes Volk mit den Hinterlassenschaften in Verbindung zu bringen, welche sie mit der Benennung "präskythisch" lediglich unscharf chronologisch einordneten 11. Immerhin hielt es Gallus für möglich, daß das Auftauchen der neuen Formen mit dem Eindringen eines "nouvel élément ethnique" in Verbindung stehen könne. Das Erscheinen der frühesten der von ihm behandelten Gegenstände setzte Gallus nach Hallstatt B, um von diesem Zeitpunkt an eine "série ininterrompue pendant la période C tout entière" auszumachen (Gallus u. Horváth 1939, 52); absolutchronologisch ordnete er sie zwischen dem achten und sechsten Jahrhundert v. Chr. ein (Gallus u. Horváth 1939, 54).

In seinem Aufsatz "Über die Bedeutung und Zeitstellung der sogenannten »thrako-kimmerischen« Pferdegeschirrbronzen" aus dem Jahr 1940 beschäftigte sich F. Holste - dabei ausgehend von einem neu ausgegrabenen Urnengrab aus Steinkirchen im Landkreis Deggendorf - zunächst mit der chronologischen Einordnung dieses Neufundes sowie der zum Vergleich herangeführten Fundstücke. Holste gelangte hierbei zu dem Ergebnis, daß der Fundkomplex von Steinkirchen, und mit ihm auch andere des - von Holste aber nur "mit Vorbehalt" "thrako-kimmerisch" genannten - Kreises, nicht etwa nach bisheriger Meinung in die Stufen Hallstatt C und D nach Reinecke zu datieren sei, sondern vielmehr "an die Grenze der Urnenfelderzeit und der vollen Hallstattzeit" (Holste 1940, 16.17). Indem er zumindest für das Grab von Steinkirchen seine Datierung mit den Worten "zur jüngeren Urnenfelderzeit, vor Beginn der Stufe Hallstatt C" präzisierte, sprach sich Holste für eine Einordnung der meisten der "thrako-kimmerischen" Bronzen in die Stufe Hallstatt B bzw. sogar an deren Ende aus (vgl. Holste 1940, 29).

Holste machte aber nicht nur einen neuen Vorschlag für eine Datierung der "thrako-kimmerischen" Bronzen, sondern er wies ebenfalls darauf hin, daß das in Mitteleuropa bekannte urnenfelderzeitliche Pferdegeschirr keine direkte Formverbindung zu denjenigen Geschirrteilen besitzt, welche in der entwickelten Hallstattzeit in Gebrauch waren. Vielmehr sah er die Typen, die in den reichen Wagengräbern seit der Stufe Hallstatt C erscheinen, "typologisch größtenteils als direkte Fortsetzung der »thrako-kimmerischen« Bronzen" an und schloß deshalb, daß das Erscheinen dieser Fundgruppe den Beginn der entwickelten Hallstattzeit bedeutete (Holste 1940, 30).

Obwohl Holste die Bezeichnung "thrako-kimmerisch" nur "unter Vorbehalt" benutzen wollte und als "arbeitshypothetischen Behelf" bezeichnete, baute er seine weiteren Überlegungen dennoch auf den Umstand auf, daß die Bronzen den Kimmeriern zugeordnet worden waren, von denen zumindest der Vorstoß nach Kleinasien am Ende des achten vorchristlichen Jahrhunderts "historisch bezeugt" sei (Holste 1940, 30.31): Vorausgesetzt, daß sich ein "Zweig des Kimmerierstroms im gleichen Augenblick in die Donauländer ... ergoß", bot sich nämlich "die Möglichkeit für eine zeitliche Parallelisierung über große Räume". Holste postulierte, daß das gleiche Ereignis in kurzer Zeit an verschiedenen Stellen die gleiche Wirkung hervorgebracht habe und der Beginn der Stufe Hallstatt C deshalb eine "für den ganzen Donauraum gültige, historisch begründete Zeitgrenze" sei. Den geographischen Rahmen, innerhalb dessen Holste diese "zeitliche Parallelisierung" für möglich hielt, spannte er jedoch wesentlich weiter: Siebenbürgen, Südrußland, Nordsyrien und Ithaka - jeweils Räume, in denen Holste die Ausprägung einiger Formen mit "thrako-kimmerischen" Einflüssen erklärt hatte - bezeichnete er als "Eckpunkte eines großen Vierecks, in welchem ohne Frage im Laufe des 8. Jahrhunderts Kimmerier in irgend einer Form historisch wirksam wurden" (Holste 1940, 32). Jedoch äußerte schon kurz danach K. Bittel seine Zweifel, ob die von Holste behauptete Möglichkeit, den Übergang von der Frühhallstattzeit zur Vollhallstattzeit in Mitteleuropa mittels vorderasiatischer Daten absolutchronologisch zu verankern, überhaupt existiere. Ausgerechnet die von Holste erwähnten kleinasiatischen Gegenstandsgruppen - so Ärmchenbeile, Doppelnadeln mit gewelltem Bügel sowie Keulenköpfe mit Buckeln - sollten sich "nicht in befriedigender Weise mit dem »thrako-kimmerischen Kreis« verknüpfen lassen", und damit würde die auf diesen Funden und auf dem nur in Kleinasien historisch gesicherten Auftreten von Kimmeriern beruhende Möglichkeit faktisch nicht bestehen (Bittel 1942, 66) 12.

In einer auf den Untersuchungen von Gallus und Horváth aufbauenden Studie über "le problème cimmérien" gab J. Harmatta im Jahr 1948 einen umfangreichen Abriß des damaligen Forschungsstandes, konnte allerdings - abgesehen von der Verbreiterung der Materialbasis durch die Auflistung weiterer Funde - im Rahmen seiner Forschungen nicht wesentlich über die bis zu diesem Zeitpunkt erreichten Ergebnisse hinauskommen (vgl. Harmatta 1948). Dennoch zeigte dieser Aufsatz, daß das Interesse an den als "thrako-kimmerisch" bezeichneten Gegenständen ungebrochen war und deren Verbindung mit den Kimmeriern weiterhin als "Problem" empfunden wurde.

In einem im Jahr 1954 erschienenen Aufsatz beschäftigte sich G. Kossack mit dem "Pferdegeschirr aus Gräbern der älteren Hallstattzeit Bayerns". Einleitend machte er darauf aufmerksam, daß das Vorkommen von Resten vierrädriger Wagen sowie metallenen Pferdegeschirrs nicht auf die bayerischen Hallstattgruppen beschränkt sei, sondern sich fast im ganzen Bereich der früheisenzeitlichen Kulturen zwischen Rhein und Kaukasus nachweisen lasse. Von den "historischen Folgerungen", die aus diesem "weiträumig verbreiteten Phänomen" abgeleitet wurden, nannte Kossack lediglich - weil sie "am meisten Erfolg hatte" -, die eine Verbindung zwischen "annähernd gleichzeitigem Auftreten bestimmter Zaumzeugtypen" und den "historisch bezeugten Bewegungen vorskythischer Reiterstämme des 8. Jahrhunderts v. Chr." herstellende "thrakokimmerische Theorie" (Kossack 1954, 111).

Ebenso wie für Holste, den er jedoch an keiner Stelle zitierte, war für Kossack der Ausgangspunkt für seine chronologischen Erörterungen, daß die von ihm zum Gegenstand seiner Studien gemachten Geschirre im gesamten Gebiet ihrer weiten Verbreitung sozusagen gleichzeitig am Beginn der Stufe Hallstatt C - "nirgends früher, nirgends später" - nachzuweisen seien (Kossack 1954, 124). Die Frage nach älteren einheimischen Vorbildern, die in diesem Fall "überall zur gleichen Zeit ... umgestaltet" worden seien, konnte Kossack - ebenfalls in Übereinstimmung zur Meinung Holstes - wenigstens für den süddeutschen Raum dahingehend beantworten, daß dort für sämtliche Zaumzeugtypen der späteren Hallstattzeit keine urnenfelderzeitlichen Vorläufer existieren (Kossack 1954, 140.141). Das führte ihn zu der Frage, in welchem Verhältnis das Pferdegeschirr aus den Gräbern der entwickelten Hallstattzeit zu dem Zaumzeug des sogenannten "thrako-kimmerischen" Kreises stehen würde, wobei Kossack diesen "Kreis" chronologisch in die jüngere Urnenfelderzeit, also in die Stufe Hallstatt B, einordnete (vgl. Kossack 1954, 128.134). Indem er fernerhin den Zeitraum, in dem die "thrako-kimmerischen" Bronzen vorkamen, als "Horizont" bezeichnete (Kossack 1954, 129), deutete Kossack seine Ansicht an, daß es sich um einen Zeitraum kurzer Dauer gehandelt habe.

Dadurch, daß die "thrako-kimmerischen" Bronzen in die Stufe Hallstatt B gesetzt wurden, schien zumindest deren relative zeitliche Einordnung geklärt. Jedoch stellte sich Kossack nur wenige Jahre später die Frage, wie sich "die Funde der jüngsten Urnenfelderperiode (HA B) zu denen der Stufe HA C nordwärts der Alpen relativchronologisch verhalten" (Kossack 1957, 208). Beobachtungen an zur Klärung dieses Problems herangezogenen Gräberfeldern - einerseits mußten diese bis an das Ende von Hallstatt B belegt gewesen sein, andererseits auch Bestattungen von Hallstatt C ergeben haben - führten zu keiner klaren Beantwortung dieser Frage. Beispielsweise konnte Kossack bezüglich des frühen Hallstattmaterials in Steinkirchen nicht entscheiden, ob es den dortigen jüngsten Urnengräbern zeitlich gleich- oder nachgeordnet werden muß, weil dies "weder aus den vereinzelten Bestattungen noch aus den Funden der zugehörigen Siedlung einwandfrei" hervorgehe (Kossack 1957, 209). Vielmehr machte er darauf aufmerksam, daß bereits E. Vogt die Definition einer scharfen Grenze zwischen den Stufen Hallstatt B und Hallstatt C - zumindest für den süddeutsch-schweizerischen Raum - als nur bedingt möglich bezeichnet hatte (Kossack 1957, 211; vgl. Vogt 1949/59). Als Grund, der das Ziehen dieser scharfen Grenze verhindere, nannte Kossack den Umstand, daß sowohl im Bestattungsritual als auch unter den materiellen Gütern in Hallstatt C meist nur die Regel sei, was in der späten Urnenfelderzeit - wenn auch häufig noch als Ausnahme - bereits vorhanden war. Unter den in Hallstatt C vorkommenden Bronzen, die Kossack als "gute Hallstatt B-Formen" bezeichnete, zählte er auch das Pferdezaumzeug auf, das er als "Fremdgut östlicher Herkunft" und "wesentlichen Faktor im Werden hallstattzeitlicher Kulturerscheinungen" charakterisierte (Kossack 1957, 211). Ähnlich vorsichtig hatte sich Kossack bereits früher zur Bedeutung der "thrako-kimmerischen" Pferdegeschirre geäußert, indem er sie als "Repräsentanten" der "weiträumigen und locker gefügten Kulturzusammenhänge der jüngeren Urnenfelderzeit" bezeichnete, "die ... in der Ausbildung unseres hallstattzeitlichen Pferdegeschirrs noch wirksam sind" (Kossack 1954, 128).

Die Frage, wie das "thrako-kimmerische" Pferdezaumzeug konkret vermittelt worden war, scheint für Kossack zum damaligen Zeitpunkt nur von geringem Interesse gewesen zu sein. Er begnügte sich nämlich mit der Feststellung, daß diese Gegenstände "auf irgendeine Weise eingeführt worden sein" müssen (Kossack 1954, 148) und spekulierte lediglich über "gegenseitige Kontakte zwischen den Pferdehaltern" (Kossack 1954, 124). Vielmehr stand - neben der Frage nach den "praktischen Bedürfnissen", welche die Pferdehalter der Hallstattzeit veranlaßt hatten, das "traditionelle Urnenfeldergerät aufzugeben und nach donauländischem Vorbild auszurüsten" (Kossack 1954, 141) - im Mittelpunkt seiner Arbeit der Versuch, die Gräber mit Pferdezaumzeug als "soziales Phänomen" zu interpretieren. Ausgehend von der Tatsache, daß diejenigen hallstattzeitlichen Grabinventare, die Frauen zugeordnet werden können, gegenüber denjenigen der Männer auffallend ärmlich sind, während in der jüngeren Urnenfelderzeit männliches und weibliches Totenzubehör als gleichwertig eingeschätzt werden können, schloß Kossack für die Hallstattzeit auf eine "Lebenshaltung mit vorwiegend männlichen Aspekten" und auf eine "Gemeinschaftsbildung mit einer differenzierten, männlich bestimmten Wertskala". Dabei schien ihm die starke Differenzierung, die sich bei den Männerinventaren feststellen läßt, als Ausdruck einer gesellschaftlichen Schichtung erklärbar zu sein (vgl. Kossack 1954, 143.144). Die Aussage, daß insbesondere Hirten zu einer derartigen "Lebenshaltung" neigen würden, war neben der Betonung der Rolle des Pferdes ein sehr deutlicher Hinweis darauf, daß auch Kossack in den Reiternomaden der russischen Steppen den Ausgangspunkt für diese Veränderungen sah. Dazu paßte auch gut, daß die postulierte Herausbildung einer führenden Kriegergruppe mit der Einführung spezieller Trinksitten einherzugehen schien, die sich auch in bildlichen Darstellungen von Gelagen widerspiegelt. Bei diesen Kriegern handele es sich "um eine Gruppe ..., die nicht nur durch übereinstimmende Vorstellungen vom Werte »ritterlichen« Daseins zusammengehalten wurde, sondern der darüber hinaus noch über weite Entfernungen hinweg eine spezielle Trinksitte gemeinsam war" (Kossack 1964, 103-105). Weil für diese Gelage charakteristische Schöpfgefäße - sogenannte "Tierkopfschöpfer" - häufig in Fundkomplexen mit Formen vergesellschaftet sind, die dem thrako-kimmerischen Kreis zugeschrieben werden, lag es nahe, die Vermittlung dieser auf vorderasiatische Traditionen zurückgeführten Sitten den Kimmeriern zuzuschreiben. Ein derartiges Schöpfgefäß ist im Fundkomplex von Steinkirchen anzutreffen, wobei es dort zudem mit einem bronzenen Trinkhornendbeschlag vergesellschaftet ist (Holste 1940, Abb. 2,1.9). Eine im Ungarischen Nationalmuseum aufbewahrte Trense unbekannten Fundortes, bei der seitlich angebrachte Anhänger in Art von in Durchbruchtechnik gefertigter Trinkhornendbeschläge ausgeformt sind, verweist ebenfalls auf die enge Verbindung zwischen Trinksitte und dem Gebrauch des Pferdes als Reittier (vgl. Abb. 8).

In seinen Aufsatz einleitenden Worten hatte Kossack darauf aufmerksam gemacht, daß Verbindungen belegende archäologische Zeugnisse im nordpontischen Bereich - zumindest im Vergleich mit den mitteleuropäischen Funden - "außerordentlich gering an Zahl sind" (Kossack 1954, 111). Eine erst kurz zuvor erschienene Studie A. A. Jessens, die in das achte und siebte vorchristliche Jahrhundert datiertes Pferdegeschirr aus den nordpontischen Gebieten vorlegte, ermöglichte es aber Kossack, sich in einem Anhang zu seinem Aufsatz mit dem Verhältnis zwischen den donauländischen und den osteuropäischen Bronzen zu beschäftigen (Kossack 1954, 146-150; vgl. Jessen 1953). Das von Jessen veröffentlichte Material schloß die festgestellte Lücke, so daß es nun möglich schien, "eine zeitlich, im Bestand der Typen und funktionell annähernd geschlossene prähistorische Denkmälergruppe vom Zweistromland bis zum Niederrhein hin zu überblicken" (Kossack 1954, 146) 13. Die Übereinstimmungen in den Gebieten zwischen dem Kaukasus und der Donau, die sich nicht auf die materiellen Überreste beschränkten, sondern sich auch in den Lebensgewohnheiten und im Bestattungsritus zeigten, ließen Kossack - der zuvor vorsichtig von einer thrako-kimmerischen "Theorie" gesprochen hatte (so Kossack 1954, 111), nun von einem "historischen Ereignis" ausgehen, das sich "irgendwo in den Steppen des Ostens" abgespielt hatte und "auf irgendeine Weise" mit den Zügen der Kimmerier zusammenhing (Kossack 1954, 149.150).

In einer Untersuchung, die sich mit der "Chronologie der jüngeren Stein- und Bronzezeit Südost- und Mitteleuropas" beschäftigte, äußerte sich V. Milojcic zu den mit den "thrako-kimmerischen" Bronzen verbundenen chronologischen Problemen. Indem Milojcic dort die durch die "thrako-kimmerischen" Bronzen charakterisierte Periode als "kurzandauernden Horizont" bezeichnete, machte er seine Meinung deutlich, daß es sich lediglich um einen kurzen Zeitraum gehandelt habe (Milojcic 1959, 80; vgl. Kossack 1954, 129). Durch die Feststellung, daß dieser thrako-kimmerische Horizont "von maßgebender Bedeutung für den Abschluß der Urnenfelderzeit in Mittel- und Osteuropa geworden ist" (Milojcic 1959, 80), bestätigte er zugleich die Einordnung dieses "Horizontes" am Ende der Stufe Hallstatt B.

In der Einleitung seiner Studie hatte Milojcic auf das Problem hingewiesen, daß absolute Datierungen prähistorischer Kulturerscheinungen gleichsam unmöglich seien, "da die prähistorischen Kulturen urkundenlos sind"; es bliebe deshalb nur der Weg, "sich der relativen Chronologie zuzuwenden und mit Hilfe von Querverbindungen die einzelnen erarbeiteten Perioden Mitteleuropas mit den historischen des östlichen Mittelmeerraumes in Verbindung zu bringen, um dadurch zeitliche Ansätze für die ersteren zu gewinnen" (Milojcic 1959, 65-66). Die von A.A. Jessen kurz zuvor veröffentlichten Funde, welche die vorhandene Lücke in der Verbreitung "thrako-kimmerischer" Gegenstände in Osteuropa zu schließen schienen, boten auch Milojcic die Möglichkeit, im Sinne seiner einleitenden Worte über Südrußland und das nördliche Kaukasusvorland eine Querverbindung nach Vorderasien herzustellen. Wichtig war, daß diese mit dem "thrako-kimmerischen" Horizont in Verbindung gebrachten Gegenstände einem "vorskythischen Horizont" angehören sollten und auch dort unvermittelt aufgetaucht seien; die Vergesellschaftung mit "altertümlichen" Funden, die aus Innerasien zu stammen schienen, wies obendrein auf die Möglichkeit "einer innerasiatischen Herkunft dieses Horizonts" hin (Milojcic 1959, 81). Zeitlich deckten sich diese Funde nach der Meinung Milojcics "mit den historisch überlieferten Kimmeriern, die von den Skythen verfolgt und aus Südrußland verdrängt wurden", weil "bekanntlich ... dieser Zwist in Vorderasien des späten achten Jahrhunderts und des frühen siebenten Jahrhunderts Verheerungen breitesten Ausmaßes" verursachte. Das Datum 714 v. Chr. - die früheste Erwähnung der üblicherweise mit den Kimmeriern gleichgesetzten Gimirrai in assyrischen Urkunden - galt Milojcic als terminus ante quem für die Vertreibung der Kimmerier aus Südrußland, weshalb er den Beginn des "thrako-kimmerischen Horizontes" in Mitteleuropa "frühestens in die zweite Hälfte des 8. vorchristlichen Jahrhunderts" setzte (Milojcic 1959, 81).

Das Ende des "thrako-kimmerischen Horizontes" schien mit der Einordnung der frühen Gräber der Stufe Hallstatt C bestimmbar, weil der Beginn von Hallstatt C das Ende des thrako-kimmerischen Horizonts vorauszusetzen schien. Vergleiche von in diesen Gräbern vorkommenden und in Durchbruchtechnik gearbeiteten Gegenständen 14 mit entsprechenden Stücken aus dem nördlichen Mitteleuropa, die dort in Periode V datiert werden können, sowie aus Griechenland, die dort mit spätgeometrisch-früharchaischem Material vergesellschaftet sind, veranlaßten Milojcic zu der Folgerung, den Beginn der Stufe Hallstatt C "unbedingt vor 650 v. Chr." und ihre "Blüte" in der ersten Hälfte des siebten Jahrhunderts v. Chr. anzusetzen. Aus diesem Grunde ergab sich nach Meinung Milojcics mit dem Datum 700 v. Chr. ein terminus ante quem für das Ende des "thrako-kimmerischen Horizonts" (Milojcic 1959, 81), wobei er auch mit G. Kossack übereinstimmte, der den "Formenkreis, mit dem die Hallstattperiode einsetzt (HA C 1)", ebenfalls am Übergang vom achten zum siebten Jahrhundert v. Chr. in Erscheinung treten sah (vgl. Kossack 1957, 223). Der "thrako-kimmerische Horizont" war auf diese Weise auf einen Zeitraum beschränkt, dessen äußerste Grenzen mit 750 bzw. 700 v. Chr. gesetzt schienen.

Synchronisationstabelle nach Müller-Karpe

Tab. 1: Synchronisationstabelle nach Müller-Karpe 1959, 228.229.

Während Milojcic versuchte, zur Einordnung der "thrako-kimmerischen" Bronzen eine Verbindung zwischen Mitteleuropa und Vorderasien über die nordpontischen Steppengebiete herzustellen, hielt H. Müller-Karpe diese Vorgehensweise "wegen der derzeit noch mangelhaften Erforschung der spätbronzezeitlichen und früheisenzeitlichen Fundgruppen im Bereich der mittleren Donau und des Balkans ... mit ziemlichen Schwierigkeiten verbunden und nur im beschränkten Maß begehbar"; er wollte deshalb sein eigenes Anliegen - eine Gliederung der mitteleuropäischen Urnenfelderzeit und eine absolute Datierung der Urnenfelderstufen - durch "eine Verknüpfung der mitteleuropäischen Formengruppen mit denen Griechenlands und Süditaliens ... über die mittel- und norditalischen Kulturgruppen erzielen" (Müller-Karpe 1959, 12). Er gelangte für die Stufe Hallstatt B - dabei auf der von E. Gersbach für das schweizerisch-südwestdeutsche Gebiet bereits entwickelten Teilung dieser Stufe in eine ältere und eine jüngere Phase aufbauend (vgl. Gersbach 1951) - zu der auf ganz Mitteleuropa übertragenen Gliederung in drei Unterstufen B 1, B 2 und B 3 (vgl. Tab. 1). Von den Landschaften, die Müller-Karpe im Hinblick auf die relative Altersordnung der Funderzeugnisse jeweils getrennt betrachtete, sind hierbei das Ostalpengebiet sowie Südbayern wegen des Vorkommens sogenannter "thrako-kimmerischer" Bronzen von besonderem Interesse.

Müller-Karpe stellte fest, daß für das Ostalpengebiet der Beginn der jüngerurnenfelderzeitlichen Gruppen - bei feststellbaren Zusammenhängen zwischen Hallstatt B- und älterurnenfelderzeitlichen Gräbern - einen "chronologisch deutlich erkennbaren Einschnitt" bedeutet, wobei sich die Gründe der in der Keramik, im Bronzeformenschatz, in den Grabsitten und in der Belegung neuer Gräberfelder erkennbaren "kulturgeschichtlichen Veränderung" weitgehend seiner Beurteilung entzogen (Müller-Karpe 1959, 115). Allerdings verzichtete Müller-Karpe aufgrund der unzureichenden Materialvorlagen auf eine eingehende Analyse der Grabfunde der Stillfrieder Gruppe. Die Gliederung der Stufe Hallstatt B in drei Unterstufen konnte Müller-Karpe auch mit Hilfe ostalpiner Depots nachvollziehen (Müller-Karpe 1959, 127), wobei aber gerade die Zeitstellung des "thrako-kimmerische" Gegenstände enthaltenden Depots von Haslau-Regelsbrunn in Niederösterreich von ihm "nicht mit völliger Sicherheit" anzugeben war. Während die geknickten Knebel und die zweiteiligen Gebißstangen - also die typischen "thrako-kimmerischen" Bronzen - eine Datierung nach Hallstatt B 3 angeraten hätten, schienen die übrigen Depotbestandteile für eine Einordnung nach Hallstatt B 2 zu sprechen. Müller-Karpe konnte sich deshalb - weil "Trensen aus Hallstatt B 2 noch nicht nachgewiesen sind" - nicht für eine eindeutige Datierung entscheiden. Er spekulierte jedoch darüber, ob einige erst in Hallstatt B 3-Funden erscheinende Typen wirklich auf diese Stufe beschränkt sind und schloß nicht aus, daß ein Beginn der geknickten Knebel und der zweiteiligen Gebißstangen auch schon in Stufe Hallstatt B 2 möglich wäre (Müller-Karpe 1959, 128.129).

Bei seiner Betrachtung der südbayerischen Jungurnenfelderzeit ging Müller-Karpe vom Kelheimer Gräberfeld aus, mit dessen Hilfe er bereits 1952 die Dreiteilung der Stufe Hallstatt B belegt und die für die einzelnen Stufen typischen Formen definiert hatte (Müller-Karpe 1952; vgl. 1959, 162-164). Er konnte innerhalb des Gräberfeldes keinen Entwicklungsbruch nachweisen und stellte fest, daß "bestimmte Typen, Formeigenarten und Verzierungsweisen durchgehend von den frühen bis zu den späten HA B-Gräbern" vorkommen und sogar "die typologischen Abgrenzungen der einzelnen Leittypen für die drei HA B-Stufen ... fließend" sind (Müller-Karpe 1959, 164). Das Verhältnis der Stufe Hallstatt B zur Stufe Hallstatt C konnte von Müller-Karpe mangels datierbarer Metallfunde aus den Hallstattgräbern in Kelheim "nicht eindeutig beantworten werden", so daß er auf den Befund von Steinkirchen verwies, wo sich Hallstatt B 3 und Hallstatt C als "zwei selbständige Formengruppen" darstellten (Müller-Karpe 1959, 165; vgl. aber Kossack 1957, 209). Das von Holste veröffentlichte Urnengrab mit "thrako-kimmerischen" Bronzen ordnete Müller-Karpe - ohne diese Datierung näher zu erläutern - in seine Stufe Hallstatt B 3 ein 15.

Wichtig ist, daß Müller-Karpe nun versuchte, die Gliederung der mitteleuropäischen Urnenfelderzeit absolutchronologisch zu verankern. Die beiden Hauptpfeiler, auf denen diese absoluten Datierungen ruhen, sind einerseits die durch Beziehungen zu Ägypten datierte spätmykenische Kultur und andererseits die früheisenzeitlichen Kulturen in Sizilien und Unteritalien, die durch die Gründungsdaten griechischer Kolonien zeitlich fixiert wurden. Während sich so die erste der sechs Urnenfelderstufen Hallstatt A 1 vage in das zwölfte Jahrhundert v. Chr. setzen läßt, kann aber erst wieder die letzte der Stufen Hallstatt B 3 mit den im achten vorchristlichen Jahrhundert einsetzenden Koloniegründungen "recht verläßlich" verknüpft werden; ansonsten mußte sich Müller-Karpe damit begnügen, die sechs Stufen gleichmäßig auf die Jahrhunderte zwischen rund 1300 und 700 v. Chr. zu verteilen (Müller-Karpe 1959, 226-228).

Wichtig ist auch, daß Müller-Karpe in der weiten Streuung der Hallstatt B 3-zeitlichen Typen sich "verschiedenartige kulturelle Beziehungen" widerspiegeln sah und deshalb die Vermutung äußerte, daß "bestimmte historische Verhältnisse das Zustandekommen dieser Kulturbeziehungen begünstigt haben". Aus der "Ähnlichkeit" in der Anlage und Beigabenausstattung von reichen Kriegergräbern von Norddeutschland über Süddeutschland und das Ostalpengebiet bis Italien folgerte Müller-Karpe, daß "eine sozial gehobene Schicht eine besondere Rolle spielte und vielleicht im besonderen Maß Träger der archäologisch zu belegenden kulturellen Beziehungen war" (Müller-Karpe 1959, 217.218). Der begrenzte Arbeitsraum und die erklärte Absicht, hauptsächlich chronologische Fragen der mitteleuropäischen Urnenfelderzeit zu beantworten - eine Aufgabe, für die nach Müller-Karpes Auskunft ein "balkanischer Weg" wenig aussichtsreich gewesen wäre - schränkten die Möglichkeiten ein, diese "kulturellen Beziehungen" nach Osten zu verfolgen.

Die "kulturellen Beziehungen" nach Westen zu verfolgen versuchte W. Schüle im Jahr 1969 im Rahmen seiner Untersuchungen zu den "Meseta-Kulturen der iberischen Halbinsel", wobei seine besondere Aufmerksamkeit den "meditarranen und eurasischen Elementen in früheisenzeitlichen Kulturen" galt. Auch wenn diese Studie - wohl wegen der für die mitteleuropäische Archäologie peripheren Fragestellung - kaum Wirkung zeigte, bereicherte sie die Forschung mit der Kenntnis, daß Pferdegeschirrteile östlicher Herkunft bis nach Spanien verbreitet waren. Schüle unternahm allerdings den Versuch, den Übergang von der späten Bronze- zur frühen Eisenzeit auf der iberischen Halbinsel chronologisch mit dem anscheinend gesicherten Ansatz des "thrako-kimmerischen" Horizonts in Mittel- und Südosteuropa an der Wende von Hallstatt B zu Hallstatt C - also um 700 v. Chr. - zu verbinden. Dabei ging er davon aus, daß "bei allen typologischen, chronologischen und kulturellen Unterschieden im einzelnen ... ein Horizont gleicher oder einander sehr ähnlicher Pferdegeschirrteile nicht geleugnet werden" kann (Schüle 1969, 52). Im Gegensatz zu O. Kleemann, der im Rahmen seiner Studie zu den "dreiflügeligen Pfeilspitzen in Frankreich" zu dem Ergebnis kam, daß diese in Westeuropa verbreiteten "skythischen" Ausrüstungsgegenstände über den Handelsweg vermittelt wurden (Kleemann 1954), war Schüle der Meinung, daß weder für die "skythische" noch für die "thrako-kimmerische" Zeit "Eroberungs- und Raubzüge" von Reiternomaden aus den pontischen Steppen bis nach Westeuropa ausgeschlossen werden können (Schüle 1969, 54.57) 16.

Die Ansicht, daß die vorwiegend im mittel- und südosteuropäischen Raum vorkommenden "thrako-kimmerischen" Bronzen mit den aus literarischen Quellen bekannten Kimmeriern in Verbindung stehen, zwingen geradezu dazu, sich mit dem Gebiet zu beschäftigen, das diese Kimmerier vor ihrer angenommenen Vertreibung durch die Skythen eingenommen haben sollen.

In ihrer Publikation über die "Bronze Age Cultures in Central and Eastern Europe" beschäftigte sich M. Gimbutas in einem kurzen Artikel mit der Frage, ob "die nordpontischen Völker die historischen Kimmerier" gewesen sind. Die Antwort auf diese Frage fiel Gimbutas leicht: "Die Identifikation der Kimmerier der schriftlichen Quellen mit der Kultur der nordpontischen Steppe am Ende der Bronze- und am Beginn der Eisenzeit hilft uns die präskythische Zeit zu verstehen. Die schriftlichen Berichte erlauben es uns den Punkt festzulegen, an dem die kimmerische Geschichte endet und die skythische Geschichte beginnt" (Gimbutas 1965, 516). R. Hachmann faßte in der Besprechung der sich mit den Kimmeriern im Vorderen Orient beschäftigenden Untersuchung von A.K.G. Kristensen den Stand der Forschung kurz zusammen: "Die südrussische Heimat der K. und ihre Vertreibung durch die Skythen hat die Wissenschaft bislang trotz Herodots mehr als »poetischem« Wortlaut für im Kern als historisch wahrgenommen. Daraus ergaben sich insbesondere für die Archäologie Folgerungen: Die »vorskythischen« Bewohner Südrußlands müßten K. heißen; die Skythen müßten eingewandert sein. Die Katakombengräberkultur müßte dann kimmerisch, die Balkengräberkultur könnte nur skythisch sein" (Hachmann 1991, 508).

Dieses durch schriftliche Quellen vermeintlich bezeugte "vorskythische" Alter einer "kimmerischen Kultur" im pontischen Raum führte dazu, daß V.A. Gorodcov bereits in den zwanziger Jahren im Zuge seiner Gliederung der sogenannten "Ockergrabkultur" die Kimmerier als Träger des jüngsten, bronzezeitlichen Abschnitts bezeichnete, für die er nach der vorherrschenden Grabbautechnik dieser Phase die Benennung "srubnaja kul'tura" - etwa "Holzkammergrabkultur" - prägte (Gorodcov 1928). Eine Studie von O.A. Krivcova-Grakova, in der sich die Autorin mit den "Steppen des Wolga- und des Schwarzmeergebietes in der Spätbronzezeit" beschäftigte, führte zu einer Differenzierung der im dreizehnten Jahrhundert v. Chr. einsetzenden Spätphase dieser Holzkammergrabkultur in zwei Stufen, die nach den Siedlungen Sabatinovka bzw. Belozerka benannt wurden (vgl. Krivcova-Grakova 1955). In einem Artikel, der das Ende der Bronzezeit im nördlichen Schwarzmeergebiet und die Belozerka-Kultur zum Thema hat, wiederholte V. Vancugov jüngst die Anschauung, daß "Sabatinovka- und ... Belozerka-Kultur ... mit einer bedeutenden ethno-kulturellen Gemeinschaft zu identifizieren [seien], die bei Herodot als »Kimmerien« oder »Kimmerische Länder« bezeichnet wird"; zugleich behauptete Vancugov, daß die nach Westen gerichteten kulturellen und wirtschaftlichen Kontakte der Belozerka-Bevölkerung sozusagen die Grundlage gebildet haben, auf der dann die "thrakokimmerische Kultur" Mitteleuropas entstanden ist (Vancugov 1998, 306; vgl. Otroscenko 1998, 359).

Die Bestimmung der Kimmerier als Träger der Holzkammergrabkultur ist aber nicht unumstritten. Noch in einem erst im Jahr 1974 postum erschienenen Buch wiederholte M.I. Artamonov seine bereits vielfach geäußerte Meinung, daß vielmehr in den Skythen die Träger der Holzkammergrabkultur zu sehen seien, während die Kimmerier in der - nach der Gliederung Gorodcovs der Ockergrabkultur vorangehenden - "Katakombengrabkultur" repräsentiert seien (Artamonov 1974). Außer dem Umstand, daß eine Bestätigung dieser Hypothese die autochthone Entstehung der skythischen Kultur im pontischen Bereich beinhalten würde, müßte sich aber auch eine "späte Schicht" der Katakombengrabkultur - gewissermaßen parallel zur Holzkammergrabkultur - im neunten bis siebten Jahrhundert v. Chr. nachweisen lassen (vgl. Häusler 1978b, 283). Somit konzentrierte sich die wissenschaftliche Auseinandersetzung zunächst auf die Frage nach der relativen und der absoluten Chronologie der späten Bronze- und frühen Eisenzeit in dem nordpontischen Gebiet. O.A. Krivcova-Grakova ging noch davon aus, daß die Zeitspanne der Holzkammergrabkultur bis an den Wechsel vom achten zum siebten Jahrhundert v. Chr. heranreichte. A.I. Terenozkin versuchte hingegen in einem im Jahr 1965 erschienenen Aufsatz über die "Grundlagen der Chronologie der vorskythischen Periode", das absolute Alter einiger spätbronzezeitlicher Kulturen im östlichen Europa anhand des chronologischen Systems Müller-Karpes zu bestimmen. Aus der Anwesenheit von bogenförmigen bronzenen Fibeln in Fundkomplexen der Belozerka-Stufe der Holzkammergrabkultur, die Terenozkin mit Fibeln aus den submykenischen Gräberfeldern Siziliens der Stufen Pantalica II und III verglich (vgl. Müller-Karpe 1959, 23-25), folgerte er eine Dauer dieser Phase vom elften bis zum neunten vorchristlichen Jahrhundert (Terenozkin 1965, 75), womit aber eine Lücke zum erst im siebten Jahrhundert v. Chr. vermuteten Beginn der skythischen Kultur entstand.

Im Jahr 1953 hatte A.A. Jessen in seinem Aufsatz "Zur Frage der Denkmäler des achten und siebten Jahrhunderts im Süden der europäischen UdSSR" Pferdegeschirr der vor- bzw. frühskythischen Zeit aus dem pontisch-kaukasischen Bereich vorgelegt (Jessen 1953). Ausgehend von einem bereits 1939 in Novocerkassk am Don entdeckten Hortfund definierte Jessen eine Gruppe von Denkmälern, als deren Urheber er sowohl die Kimmerier als auch die Skythen nannte (Jessen 1953, 109; 1954, 130). Terenozkin gliederte dieses vom ihn als "vorskythisch" bezeichnete Material in zwei Stufen, von denen er - nachdem sein Ansatz für die vorangehende Belozerka-Stufe der Holzkammergrabkultur auf rund 1150 bis 900 v. Chr. korrigiert wurde - die Cernogorovka-Stufe zwischen 900 und 750 v. Chr. und die Novocerkassk-Stufe von 750 bis 650 v. Chr. ansetzte (Terenozkin 1976, 208). Dabei sah Terenozkin eine kulturelle Kontinuität zwischen den beiden Stufen Cernogorovka und Novocerkassk, während seiner Meinung nach Übergangsformen von Novocerkassk zum sich chronologisch anschließenden Frühskythischen fehlten. Die Denkmäler, die Terenozkin in seine Stufen Cernogorovka und Novocerkassk einordnete, bezeichnete er als "nur den Kimmeriern zugehörig" (Terenozkin 1980, 22). Unter den Gegenständen, die für die frühere Cernogorovka-Stufe charakteristisch sein sollen, zählte Terenozkin Seitenstangen mit drei zylindrischen Durchbohrungen und zweiteilige - sogenannte "gebrochene" - Gebißstangen mit D-förmigen oder runden Außenösen auf, während in der späteren Novocerkassk-Stufe ebenfalls gebrochene Gebißstangen mit doppelten Außenösen und Seitenstangen mit drei seitlichen, ringförmigen Ösen typisch gewesen sein sollen (vgl. dazu die Typentafeln von Terenozkin 1976, 192-195).

Dieser Interpretation Terenozkins sind viele Forscher gefolgt. J. Hrala beispielsweise bezeichnete sie als "überzeugendes Bild der Situation in der vorskythischen Periode in der Ukraine" und behauptete, daß zugleich auch eine "logische Interpretation der Genese der beiden nomadischen Gesellschaften, der Kimmerier und der Skythen, geliefert" worden sei (Hrala 1984, 83.84). Vorsichtiger äußerte sich G.I. Smirnova, welche die "Frage nach der Zugehörigkeit der Träger der Cernogorovka- und Novocerkassk-Komplexe zur kimmerischen Koine" zwar als "diskutabel", aber gleichfalls als "bisher nicht eindeutig zu beantworten" bezeichnete (Smirnova 1998, 454).

Der von Terenozkin vorgeschlagenen "ethnischen" Auslegung der Formenkreise Cernogorovka und Novocerkassk als kimmerische Hinterlassenschaften wollten allerdings nicht alle Forscher folgen. Neben der unterschiedlichen Verbreitung der beiden Formenkreise - Cernogorovka-Funde vorwiegend im nordpontischen Gebiet, Novocerkassk-Funde hingegen nicht nur in der Ukraine, sondern auch am unteren Don und im Nordkaukasus - konnte beispielsweise A.M. Leskov deutliche Unterschiede im Totenritual feststellen. Während Leskov die Bestattungen vom "Typ Cernogorovka von Denkmälern der späten Belozerka-Zeit nicht trennen" wollte und meinte, daß "späte Belozerka-Denkmäler und Cernogorovka-Denkmäler zu Trägern der gleichen ethnischen Gruppe und der gleichen Kultur gehören", konnte er bezüglich der Gräber vom "Typ Novocerkassk" keine Analogien zur "Belozerka-Zeitstufe" feststellen (Leskov 1974, 50.51). Die Frage nach der "Volkszugehörigkeit" der Denkmäler beantwortete Leskov - sich dabei auf schriftliche Quellen berufend - dahingehend, daß er Gräber vom "Typ Novocerkassk" den "ältesten Skythen", die Bestattungen vom "Typ Cernogorovka" den Kimmeriern zuordnete (Leskov 1974, 55).

Unberührt von diesen "ethnischen" Deutungen bestimmter Denkmalgruppen blieb aber die Ansicht, daß materielle Überreste einer postulierten "kimmerischen" Bevölkerung prinzipiell älter sein müßten als die der "frühen Skythen", unangetastet. R. Rolle erwartete sich etwa von den Grabungsaktivitäten der russischen und ukrainischen Kollegen in den Waldsteppengebieten "wesentliche neue Ergebnisse zum Kimmerierproblem und zur kimmerisch-skythischen Übergangsphase" (Rolle 1972, 49). Und V.V. Otroscenko ordnete die Cernogorovka-Denkmäler weiterhin den Kimmeriern zu, indem er von einer "Cernogorovka-Gruppe der kimmerischen Kultur" sprach, wobei er zudem die Belozerka-Kultur als "Bindeglied zwischen der seßhaften Kultur der Balkengrab-Stämme und den nomadischen Kimmeriern" bezeichnete (Otroscenko 1991, 25.28 Tab. 2).

Auch über die Art, wie die Kenntnis der Eisengewinnung in Richtung Mitteleuropa verbreitet wurde, besteht keine einhellige Meinung. Während es nach Auffassung von Terenozkin Kimmerier waren, die bei der Verbreitung des Eisens nach Ost- und Mitteleuropa über einen "kimmerischen Weg" die Hauptrolle spielten (Terenozkin 1976, 20; vgl. Berciu 1963), konnte Leskov es sich nicht vorstellen, daß "die Eisenerzeugnisse in den Schwarzmeersteppen früher als in Zentraleuropa auftraten"; weil jedoch - Leskov berief sich hierbei auf Listen spätbronzezeitlicher Eisenfunde aus Mitteleuropa (vgl. Kimmig 1964, 274-281) - nur eine sehr geringe Anzahl dieser Eisenfunde mit den Datierungen Hallstatt B 1 bzw. B 2 in das zehnte bzw. neunte vorchristliche Jahrhundert, die Mehrzahl aber mit Hallstatt B 3 in das achte Jahrhundert v. Chr. gehörten, könnten somit auch die der Belozerka-Stufe zugeordneten Fundkomplexe mit eisernen Erzeugnissen "frühestens aus dem 9. oder aus dem Beginn des 8. Jahrhunderts v. Chr. stammen" (Leskov 1974, 44). Akzeptiert man diesen Ansatz, so ist direkte Konsequenz dieses Datierungsansatzes für Funde der Belozerka-Stufe auch, daß die Funde aus den Denkmälern des "Typs Cernogorovka" ebenfalls nicht vor den Beginn des achten Jahrhunderts v. Chr. datiert werden können. Leskov wies selbst auf den engen typologischen Zusammenhang zwischen den bronzenen Pferdegeschirrbestandteilen der Denkmäler vom "Typ Cernogorovka" und den "thrako-kimmerischen" Zaumzeugen aus Mitteleuropa hin, wobei er die gebräuchlichen Datierungen dieser Gegenstände an das "Ende von Hallstatt B oder zwischen B und C" wiederholte; deshalb würden "alle zentraleuropäischen Funde von Pferdegeschirr in die Mitte oder in die zweite Hälfte des 8. Jahrhunderts v. Chr." gehören 17 - und demzufolge auch alle Bestattungen des "Typs Cernogorovka" (Leskov 1974, 51) 18. Damit ignorierte Leskov die von G. Kossack schon 1954 erstmals geäußerte und 1980 wiederholte These, daß die "donauländischen Entsprechungen" pontischer Vorlagen unmöglich "an der westlichen Peripherie ihrer Gesamtverbreitung" früher eingesetzt haben können als ihre "Vorbilder ... aus dem nördlichen Schwarzmeergebiet" (Kossack 1954, 148; 1980, 112.114).

Auch die von Leskov vorgeschlagene ethnische Trennung der Denkmäler der Stufen Cernogorovka und Novocerkassk in Hinterlassenschaften von Kimmeriern und ältesten Skythen blieb nicht ohne Widerspruch. Indem zur Begründung, daß Denkmäler "skythenzeitlich" seien, meistens auf das Vorkommen von speziellen Komponenten der Bewaffnung, des Pferdezaumzeugs und des "skythischen Tierstils" - zusammenfassend mit dem Begriff "skythische Trias" bezeichnet - verwiesen wird, konzentrierte sich die Diskussion nun auch auf die Frage nach dem Auftreten eben dieses "typischen skythischen Tierstils". Allerdings ist nicht nur Ort und Zeit des frühesten Auftretens des "skythischen Tierstils" umstritten, sondern es wird auch angezweifelt, ob "die Skythen ... die einzigen Schöpfer, Verbraucher und Verbreiter des sogenannten »skythischen Tierstils«" waren (so Sramko 1993, 59). "Was wir ... aus dem nordpontischen Raum als »Skythischen Tierstil« bezeichnen", so formulierte kürzlich H. Parzinger, "ist lediglich eine späte Entwicklung innerhalb des Gesamtphänomens, die durch den Einfluß griechischer Kunst neue Stil- und Ausdrucksformen fand" (Parzinger 1998, 223).

 
 
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Abb. 9: 1 Schmuckplatte aus Arzan (nach Grjaznov 1984, 37 Abb. 15,4)
2 Schmuckplatte von unbekanntem Fundort (nach Gold 1984, 83).

In Kammer 2 des in den Jahren 1971 bis 1974 ausgegrabenen Großkurgans von Arzan in Südsibirien fanden sich, obwohl der Befund deutlich auf eine Plünderung hinwies, noch zahlreiche Pferdezaumzeugbestandteile - nämlich zweiteilige Gebißstangen mit D-förmigen Außenösen sowie Seitenstangen mit drei zylindrischen Durchbohrungen (vgl. Grjaznov 1984, 36 Abb. 14), die im nordpontischen Bereich Entsprechungen in der Cernogorovka-Stufe haben. Eine ebenfalls in Kammer 2 entdeckte Bronzescheibe, die in Form eines sich einrollenden Raubtieres gestaltet ist (vgl. Abb. 9,1), läßt sich hierbei gut mit einer goldenen skythischen Schmuckplatte in Form eines eingerollten Panthers vergleichen (vgl. Abb. 9,2). Aus stilistischen Gründen wird dieses Rolltier in eine Zeit "um 600 v. Chr." datiert, wobei "das Rolltier als Typus ... ohne Zweifel die merkwürdigste und eigenständigste figurale Erfindung der frühskythischen Kunst" sein soll (Gold 1984, 152-154). Die Vergesellschaftung der Bronzeplatte aus Arzan mit typischen Cernogorovka-Formen läßt jedoch Zweifel an dieser relativ späten Datierung frühskythischer Kunst aufkommen. H.-G. Hüttel sah im Inventar des Arzan-Kurgans "die Initialphase der reiternomadischen Kulturentwicklung in Innerasien" repräsentiert und zudem "den Beginn der südsibirisch-innerasiatischen Früheisenzeit" markiert, wobei er die Cernogorovka-Hortfundgruppe bei dieser Gelegenheit als "präskythisch" ansprach (Hüttel 1981b, 30.31). Hierbei sah Hüttel allerdings die von Terenozkin geforderte strikte Nachfolgigkeit der Cernogorovka- und Novocerkassk-Typengesellschaften keineswegs als nachgewiesen an. Als "wohl sicher" bezeichnete er aber, daß "der Beginn der Cernogorovka-Gruppe früher anzusetzen ist als der der Novocerkassk-Gruppe" und daß "Novocerkassk-Formen die der Cernogorovka-Gruppe überdauern und bis in die frühskythische Zeit hinein in Gebrauch bleiben", wobei die Laufzeiten der Typen der beiden Formengruppen sich wesentlich stärker überlappen würden als es Terenozkin unterstellte (Hüttel 1981b, 37).

Indem M.P. Grjaznov mit dem Terminus "Arzan-Cernogorovka-Stufe" versuchte, die sehr engen Beziehungen zwischen den nordpontischen und den asiatischen Steppengebieten zu dokumentieren, äußerte er zugleich seine Zweifel, ob "es berechtigt ist, als Vorläufer der Skythen in den nordpontischen Steppengebieten Kimmerier in Betracht zu ziehen" (Grjaznov 1984, 90). Bei ihrem Versuch einer "ethnischen und kulturellen Einordnung der »Novocerkassk-Gruppe«" stellte O.R. Dubovskaja fest, daß die Grabsitte der Cernogorovka-Gruppe "bis ins Detail mit der frühskythischen übereinstimmt" (Dubovskaja 1998, 303 Abb. 24.25). Die Trennung von vorskythischem und frühskythischem Material, insbesondere die "Scheidung zwischen der Formengruppe Cernogorovka vom frühskythischen Material", bereitete auch U.L. Dietz Schwierigkeiten in ihrer Untersuchung "Spätbronze- und früheisenzeitliche Trensen im Nordschwarzmeergebiet und im Nordkaukasus" (Dietz 1998, 2). Wenn nun die von Dubovskaja definierte "Spätcernogorovka-Gruppe" zwischen der sogenannten "frühen Cernogorovka-Gruppe" und den "Frühskythen" aber "sowohl Merkmale der frühen Cernogorovka-Gruppe als auch des Frühskythischen vereinigt", müßte wohl von einer ethnischen und kulturellen Kontinuität ausgegangen werden (Dubovskaja 1998, 320). Akzeptiert man diese Schlußfolgerungen, muß jedoch sowohl die von Terenozkin geforderte chronologische Abfolge der Stufen Cernogorovka und Novocerkassk in Zweifel gezogen werden als auch die von Leskov vorgeschlagene Zuordnung der Bestattungen vom Typ Cernogorovka zu präskythischen Kimmeriern in Frage gestellt werden. Bezüglich einer Deutung der Novocerkassk-Gruppe kam Dubovskaja zu dem Schluß, daß in ihr keine eigene "Kultur" oder chronologische Stufe zu sehen sei, sondern sie nur als Folge einer "mechanischen Zusammenfassung zeitgleicher, aber ethnisch und kulturell verschiedener Merkmale von Gräbern der Oberschicht" zu verstehen ist (Dubovskaja 1998, 319).

In einer Studie über "kimmerische Bronzen" beschäftigte sich im Jahr 1980 auch G. Kossack erneut mit deren "Zeitstellung in Ost- und Mitteleuropa". Ein Vergleich des für die Gruppen Cernogorovka und Novocerkassk typischen Zaumzeugs mit seinen "donauländischen Verwandten" führte ihn zu der Aussage, daß diese Gegenstücke in beiden Gruppen hätten, auch wenn - wie er später einfließen ließ - die Novocerkassker Formen unter den "kimmerischen" Bronzen der Donauländer nur eine geringe Rolle spielten (Kossack 1980, 112.136). Dieser Bemerkung, die auf eine längere Gesamtlaufzeit der unter dem Sammelbegriff "thrako-kimmerische" Bronzen zusammengefaßten Gegenstände hindeutete, ließ Kossack umfangreiche Überlegungen folgen, die ihn zuletzt zu dem Ergebnis führten, daß die Cernogorovka- und Novocerkassk-Typen bereits seit der Wende vom zweiten zum ersten Jahrtausend v. Chr. im Schwarzmeerraum verbreitet waren 19.

Obwohl auch Kossack keine klare Trennlinie zur Skythenzeit bestimmen konnte, machte er dennoch klar, daß weder von einer "Horizontbildung" noch von einer "chronologischen Einheitlichkeit" die Rede sein kann, wenn das charakteristische Fundmaterial sich sogar auf mehrere Jahrhunderte verteilen läßt (Kossack 1980, 136.137). Fernerhin lehnte Kossack die als "spekulative Denkhilfen" bezeichneten Modelle, die von der "Bildung militärisch aggressiver Verbände aus Reiterkriegern nach der Jahrtausendwende" ausgehen, als "bloße Vermutung" ab (Kossack 1980, 137), wobei er bereits einleitend beklagt hatte, daß häufig "jegliche Ordnung des Stoffs von bestimmten historischen Prämissen abhängig gemacht [wird], welche aus der antiken Überlieferung konstruiert und derart einseitig vertreten und für bare Münze angeboten werden, daß die archäologischen Quellen nur mehr illustrative Bedeutung haben" (Kossack 1980, 114).

K. Kromer veröffentlichte im Jahr 1986 einen Aufsatz, der sich mit dem "östlichen Mitteleuropa in der frühen Eisenzeit" und dessen "Beziehungen zu Steppenvölkern und antiken Hochkulturen" beschäftigte. In dieser Studie wiederholte Kromer bezüglich des "thrako-kimmerischen Vorstoßes" die von Kossack bereits im Jahr 1954 geäußerte Anschauung, "daß man die über so weite Räume zur gleichen Zeit dokumentierbaren Funde als Niederschlag eines historischen Ereignisses interpretieren darf" (Kromer 1986, 38.39). Indem er diesen "thrako-kimmerischen Vorstoß" als im achten Jahrhundert erfolgt und als "zeitlich am Übergang von der Urnenfelder- zur Hallstattzeit" stehend bezeichnete, schloß er sich den Meinungen an, die weiterhin von einem "thrako-kimmerischen Horizont" in der Stufe Hallstatt B 3 ausgehen (Kromer 1986, 37.38). Somit bezeichnete Kromer den in einem Grab in Predmerice Bestatteten konsequenterweise als "hallstättischen Herrn", dessen Grablege in die "Zeit der frühen Hallstattkultur" - die er absolutchronologisch mit "um 700 v. Chr." bestimmte - stattfand. Ein in diesem Grab gefundenes bronzenes Hallstattschwert und ein dazugehöriges Flügelortband wiesen neben der Niederlegung unter einem Hügel auf eine Datierung in die Stufe Hallstatt C hin (Kromer 1986, 42.43). Diese Einordnung an die Wende vom achten zum siebten Jahrhundert v. Chr. - also auch an die Nahtstelle der Stufen Hallstatt B 3 und Hallstatt C - dürfte allerdings entscheidend vom Vorkommen "thrako-kimmerischen" Pferdezaumzeugs in diesem Grab beeinflußt gewesen sein, mit der auch J. Werner und G. Jacob-Friesen bereits für eine Datierung an den Anfang der Stufe Hallstatt C argumentiert hatten (J. Werner 1961, 384; Jacob-Friesen 1968, 68).

Zwar versuchte Kromer, den "thrako-kimmerischen" Vorstoß in einem größeren historischen Umfeld zu interpretieren, indem er darauf verwies, daß "die ungarische Ebene mit den ebenen Flächen des heutigen Burgenlandes ... seit jeher Einfallspforte östlicher Völker" in Richtung Mitteleuropa war - vom Neolithikum bis zur awarischen Landnahme und bis zu den Ungarnstürmen. Aber auch wenn der Eindruck, den Kromer durch die Beschreibung des "thrako-kimmerischen" Vorstoßes gewissermaßen als kurzfristiges militärisches Unternehmen erweckt hat, durch diese Schilderung der aufeinander folgenden Wellen von Vorstößen relativiert wird, muß deutlich darauf hingewiesen werden, daß der sogenannte "thrako-kimmerische" Vorstoß von Kromer als "Ereignis" bezeichnet wurde, das im achten Jahrhundert v. Chr. erfolgte (Kromer 1986, 37).

Kromer lenkte die Aufmerksamkeit auch auf ein weiteres, schon bekanntes Phänomen. Unter "dem Einfluß der östlichen Reiter" soll sich eine "hallstättische soziale Oberschicht" herausgebildet haben, wobei Kromer als eines der Kennzeichen, an denen die Mitglieder dieser "Nobelschicht" zu erkennen seien, auch das "lange Hallstattschwert" nannte (Kromer 1986, 43). Das Vorhandensein schwerttragender Krieger, die eine besondere soziale Stellung einnahmen, kann allerdings schon für die Spätphase der Urnenfelderkultur angenommen werden, wobei sich für dieses Phänomen bis in die Mittelbronzezeit zurückreichende Traditionen nachweisen lassen (Kristiansen 1984; Schauer 1984). Kromer schloß deshalb auf eine auf "mitteleuropäisch-einheimischer" Grundlage beruhende "Bereitschaft" zur Formierung einer sich "aus der relativ ungegliederten spätbronzezeitlichen Gemeinschaft ... heraushebenden Personengruppe", wobei diese "Bereitschaft" durch den "Einfluß der östlichen Reiterkrieger ... gefördert und verstärkt" worden sein soll (Kromer 1986, 43.62). Folglich muß aber die Frage gestellt werden, auf welche Weise dieser "Einfluß" ausgeübt werden konnte.

Einen Hinweis, der zur Beantwortung der Frage führen könnte, gab Kromer, indem er behauptete, daß es zumindest für das Osthallstattgebiet deutliche Anzeichen dafür gebe, "daß fremde Volkselemente in die einheimische Bevölkerung aufgenommen wurden und dort sogar die Führungsschicht bildeten" (Kromer 1986, 42). Einen dieser "Anhaltspunkte" sah Kromer in dem Grab von Predmerice, in dem er die Grablege eines "Kimmerier-Häuptlings" erkennen wollte, der "im Gebiet des heutigen Königsgrätz hallstättischer Edelmann geworden" war (Kromer 1986, 43). Wenn aber "Kimmerier" in der für sie fremden hallstättischen Umgebung führende Rollen einnehmen konnten, würde dies sicherlich die massive Präsenz "kimmerischer" Kräfte voraussetzen, auf denen sich ein derartiger Machtanspruch begründet hätte. Indem E. Patek auf die Analogien hinwies, die den "Kreis des kimmerischen Pferdegeschirrs" mit dem Material verbinden, das sie einer "präskythischen Gruppe" in Ostungarn zuordnete, suchte sie zugleich Belege für ihre Behauptung, daß als Träger dieser "präskythischen Kultur" ein in "präskythischer Zeit" aus dem Osten gekommenes Volk zu sehen sei (Patek 1984, 348.353; vgl. Kemenczei 1984, 94).

Der Befund von Predmerice veranlaßte hingegen J. Werner, von dessen Schilderung von "Wellen" östlicher Reitervölker die Studie Kromers stark beeinflußt scheint 20, zu der Interpretation, daß "ein führender Mann der einheimischen ackerbautreibenden Bevölkerung" sein Pferd bloß auf "thrako-kimmerische Art" aufzäumte und lediglich "nach östlichem Vorbild" auch ein Pferdekopfzepter führte (J. Werner 1961, 389). Dieser Interpretation schloß sich übrigens inzwischen auch Patek an, indem sie zwar einerseits immer noch einen "archäologisch faßbaren Wandel", nachweisbar durch "neuartige Bauformen (Tumulus) und Bestattungssitten (im Osten Körperbeerdigungen)" feststellte, andererseits diesen jedoch damit erklärte, daß "im Wertdenken einer Führungsschicht das Ideal des berittenen Kriegers in den Mittelpunkt gerückt zu sein scheint" (Patek 1993, 140). Die Anregungen für dieses veränderte "Wertdenken einer Führungsschicht" suchte sie allerdings auch weiterhin im Einfluß der Steppen nördlich der Schwarzmeerküste und Ciskaukasiens. Indem M. Kaus anläßlich der Neubewertung des sogenannten Stillfrieder Depots äußerte, daß "die durch pontisch-kaukasische Beziehungen geprägten Bronzen ... den großen Einfluß der mit dem Namen »Kimmerier« umschriebenen Reiterkulturen auf die späturnenfelderzeitliche Gesellschaft im nordostalpinen Raum" widerspiegelten und es überdies "für die Krieger der späten Stillfrieder Gruppe im achten Jahrhundert v. Chr. am Beginn der Früheisenzeit sehr wichtig [war], sich selbst im Grab »kimmerisch« zu geben und auch im Jenseits Pferde mit kimmerischem Schmuck zu besitzen" (Kaus 1989, 257), so drücken auch diese Äußerungen im Gegensatz zu denjenigen Kromers nicht die Notwendigkeit der Anwesenheit von pontischen Reitern aus, bleiben allerdings ebenso eine klare Antwort auf die Frage nach der Art des behaupteten "Einflusses" schuldig.

Gegen die Meinung, daß ein Vordringen "kimmerischer" Elemente bis nach Mitteleuropa tatsächlich stattgefunden habe, sprach sich auch V. Podborský aus. Er wollte die "thrako-kimmerischen" Gegenstände im mitteleuropäischen Raum vielmehr als Handelsimporte sehen, wobei ferner einige von ihnen gut auch an Ort und Stelle nachgeahmt werden konnten (Podborský 1967, 198). Diese These von der einheimischen Nachahmung anhand östlicher Vorbilder findet in der spektralanalytischen Untersuchung der Bronzegegenstände aus dem Depot von Stramberk insoweit Bestätigung, daß diese sowohl für die einheimischen Bestandteile wie auch für die mit diesen vergesellschaftete "thrako-kimmerische" Waffe eine identische chemische Zusammensetzung ergab (vgl. Misustov 1967).

Kromer machte weiterhin auf eine von Kossack vorgeschlagene Interpretationsmöglichkeit der in Depots entdeckten "thrako-kimmerischen" Bronzen aufmerksam: Möglicherweise handelt es sich bei diesen Funden um "Beigaben", die schon zu Lebzeiten - quasi als "Selbstausstattung" für die Reise ins Jenseits - hinterlegt wurden, wobei Vorbilder für diese Sitte im Bereich der pontischen Steppe zu suchen sind (Kromer 1986, 40; vgl. Kossack 1954, 132.150 Anm. 31). Interessanterweise sind auch die meisten der Schwerter der Stufe Hallstatt B 3 als Einzelfunde aus Flüssen geborgen worden oder stammen aus Hortfunden (Gerdsen 1986, 69), wobei wenigstens von einem Teil der Schwerter angenommen werden muß, daß sie als Totenausstattung gedacht waren (vgl. Wegner 1976, 99). Einerseits müßte deshalb davon ausgegangen werden, daß diese Sitte, die sich mit großer Wahrscheinlichkeit auf östliche Vorbilder zurückführen läßt, von einheimischer Bevölkerung ausgeübt wurde. Andererseits aber müßte dann auch - weil die Übernahme von auf religiösen Vorstellungen beruhenden Sitten gewiß längere Zeit benötigte - mit Kontakten zu den diese Vorbilder liefernden Gruppen deutlich vor Hallstatt B 3 gerechnet werden. Analog zu dieser Folgerung müßte gleichfalls die Anwesenheit eines Pferdekopfzepters im Grab von Predmerice - falls in dem dort Bestatteten ein einheimischer Häuptling zu sehen ist - auf die Übernahme der mit dem Abzeichen verbundenen Gedankenwelt hindeuten. Auch in diesem Fall sind die Vorbilder im pontischen Bereich zu suchen, wobei der geistige Hintergrund "die Tradition und Vorstellungswelt östlicher Reiternomaden" wäre (so J. Werner 1961, 386) 21. Die große Anzahl reicher Schwertgräber mit Pferdezaumzeug der Stufe Ha C veranlaßte W. Kimmig sogar zu der Aussage, daß es sich bei der Herausbildung dieser neuen "Schwertaristokratie" wohl um "eine Verschmelzung ö., »thrako-kimmerischer« Reiternomaden mit einer späturnenfelderzeitlichen schwerttragenden Kriegerkaste" gehandelt habe (Kimmig 1976, 390).

Monographisch wurden die mit den Kimmeriern und ihrem angeblichen Vordringen bis nach Mitteleuropa in Verbindung gebrachte Fragestellungen zuletzt von J. Chochorowski behandelt. Neben der gründlichen Erfassung und der typologischen Gliederung des als "thrako-kimmerisch" anzusprechenden Fundmaterials wurde von ihm auch der Versuch unternommen, eine chronologische Differenzierung zu erreichen (vgl. Chochorowski 1993, 321-327). Ausgehend von einer bereits gegen Ende des zweiten vorchristlichen Jahrtausends im südlichen Osteuropa zu verspürenden klimatischen Abkühlung und ebenso abnehmenden Niederschlägen (vgl. Machortych u. Ievlev 1992, 112), die eine vormals seßhafte Steppenbevölkeung zu einer nomadischen Lebensweise gezwungen hätten, versuchte Chochorowski eine Expansion der Reiternomaden nach Westen während der Cernogorovka-Phase zu beweisen. Diese "älteste Penetrationswelle" soll hierbei in chronologischer Hinsicht in Mitteleuropa der Stufe Hallstatt B 2 entsprechen, wobei es - Chochorowski wollte diese "Welle" nicht als einmalige Expansion, sondern als "zeitlich ausgedehnten Prozeß" verstanden wissen - in den Kontaktzonen mit der einheimischen Bevölkerung zur Herausbildung von "lokalen Varianten kimmerischer Metallurgie" kam, die sich "in den klassischen Fundkomplexen des kimmerischen Horizonts der Phase HA B 3" widerspiegeln würde. Somit hätten in Mitteleuropa auf die Cernogorovka-Phase zurückzuführende Traditionen fortgelebt, die in Osteuropa bereits im Verschwinden begriffen waren. Das relativ seltene Vorkommen von Formen im Karpatenbecken, die sich mit Novocerkassker-Typen verbinden ließen, schien hierbei darauf schließen zu lassen, daß einerseits der massive Zustrom an Bevölkerung, den Chochorowski während der Cernogorovka-Phase postulierte, anschließend zum Erliegen kam, und sich andererseits eigene, einheimische Zentren der Bronzemetallurgie herausgebildet hätten. Der "historisch belegte skythisch-kimmerische Konflikt" - an die Grenze von Hallstatt B 3 zu Hallstatt C gelegt - war nach Meinung von Chochorowski nur noch "der letzte Akkord desselben Prozesses, der durch die verstärkte Mobilität der Steppenbevölkerung in der Cernogorovka-Phase eingeleitet wurde" (Chochorowski 1993, 326).

Wichtig ist, daß auch Chochorowski die Entstehung der hallstättischen Sozialstrukturen mit dem Einfluß der militärisch überlegenen Reiterkrieger zu erklären versuchte und den "südlichen", also vom Mittelmeerraum ausgehenden Einwirkungen für die endgültige Ausprägung der "hallstättischen Formation" zwar Bedeutung beimaß, die er jedoch gegenüber den "östlichen Impulsen" als sekundär bezeichnete (Chochorowski 1993, 326).

Immer noch fehlen für wesentliche der mit den sogenannten "thrako-kimmerischen" Gegenständen zusammenhängenden Fragen befriedigende Antworten. C. Metzner-Nebelsick definierte in einer Studie, die "die früheisenzeitliche Trensenentwicklung zwischen Kaukasus und Mitteleuropa" zum Thema hat, als Ziel ihres Aufsatzes 22 neben der "ausführlichen Beschreibung und Typengliederung des Materials" die "Beleuchtung der kulturellen Mittlerfunktion des Karpatenbeckens östlich der Donau zwischen nordpontischem Steppengürtel einerseits und Mitteleuropa andererseits", wobei "die Frage einer chronologischen Differenzierung des Fundstoffes" im Vordergrund stünde (Metzner-Nebelsick 1994, 384). Diese "chronologische Differenzierung" scheint angesichts der Tatsache, daß weder von einer "Horizontbildung" noch von einer "chronologischen Einheitlichkeit" die Rede sein kann, wenn das Material sich auf mehrere Jahrhunderte verteilt (so bereits Kossack 1980, 136.137), unbedingt erforderlich 23. Aber auch die Frage, wie man sich diese postulierte "kulturelle Mittlerfunktion des Karpatenbeckens" in der Praxis vorzustellen hat, ist sehr schwierig zu beantworten. Indem Metzner-Nebelsick hierbei von "persönlichen Kontakten führender Persönlichkeiten der Oberschicht" ausging und - auf den Ideen F. Fischers bezüglich des Austauschs von Geschenken aufbauend - die Vermittlung von Pferdegeschirrbronzen über das Karpatenbecken hinaus als Indiz für die "Absicht zur Schaffung und Bekräftigung gegenseitiger Verpflichtungen unter Angehörigen sozialer Oberschichten" bezeichnete (Metzner-Nebelsick 1994, 432.440; Fischer 1973), so bietet dies gewiß eine Erklärungsmöglichkeit 24. Die weitgehende Beschränkung auf das prestigeträchtige Zaumzeug und Riemenwerk sowie einzelne Waffen scheint in der Tat auf den Kontakt von Oberschichten untereinander zu verweisen (vgl. Metzner-Nebelsick 1998, 391). J. Lichardus und J. Vladár wiederum machten darauf aufmerksam, daß die Angleichung einer heimischen Herrscherschicht an eine fremde direkten Kontakt voraussetzt (Lichardus u. Vladár 1996, 50). Die Vorstellung aber, daß "führende Persönlichkeiten" der jeweiligen Oberschichten über große Distanzen "persönliche Kontakte" aufgenommen haben, ohne daß auch umfangreiches Gefolge beteiligt war, fällt eher schwer 25. Die Auffassung W. Schüles, der sich das "sporadische Einsickern kleinerer Einheiten" vorstellte, die "sich bald wieder zurückzogen oder in ihnen zusagenden Gegenden kleinere und größere »Herrschaftsbereiche« begründeten", wobei das "Neben-, Mit- und Gegeneinander nomadischer, bäuerlicher und städtischer Bevölkerungsgruppen" zu registrierbaren Veränderungen führte (Schüle 1969, 55), läßt sich eher nachvollziehen, auch wenn etwa G. Kossack derartige Modelle, die von der "Bildung militärisch aggressiver Verbände aus Reiterkriegern nach der Jahrtausendwende" ausgehen, als "bloße Vermutung" ablehnte (Kossack 1980, 137).

Der Bemerkung von C. Metzner-Nebelsick, daß die zum Austausch der Geschenke notwendigen "gleichartigen kommunikativen Strukturen ähnlich entwickelter Gesellschaften" im gesamten donauländischen Kulturkreis inklusive des nordöstlichen Karpatenbeckens seit der Bronzezeit vorhanden waren (so Metzner-Nebelsick 1994, 440), wirft zudem die Frage auf, seit wann in den westlich und östlich angrenzenden Gebieten die entsprechenden "Strukturen" ebenfalls vorhanden waren und warum - wenn dies bereits vor der Stufe Hallstatt B der Fall war - die entsprechenden Kontakte nicht bereits wesentlich früher angesetzt werden können.

An dieser Stelle scheint es ratsam zu sein, auf die häufig unbeachtete Tatsache hinzuweisen, daß die Forschungen der aus der einstigen UdSSR oder anderen "sozialistischen" Staaten stammenden Archäologen häufig von ideologisch geprägten Vorgaben bestimmt waren 26. So erklärte H. Neubauer die Grundtendenz der sowjetischen Geschichtsschreibung in der Darstellung der "pontischen Frage" mit dem "Bestreben, die Geschichte des nördlichen Schwarzmeergebietes als Geschichte der in dem Raum beheimateten Völker zu erfassen" (Neubauer 1960, 154), wobei die scheinbar weit abliegenden Probleme des Altertums ein wichtiges Feld der Auseinandersetzung mit der Wissenschaft der "kapitalistischen" Länder sein sollten, der vorgehalten wurde, die seit Marx und Engels entdeckten Gesetzmäßigkeiten der historischen Entwicklung nicht anzuerkennen (Neubauer 1960, 132).

F. Engels aber sah einen entscheidenden Schritt in der Entwicklung der Zivilisation darin, daß bei Hirtenstämmen - denen ihr Vieh zum erstenmal eine deutlich über den eigenen Bedarf hinausgehende Produktion 27 und damit einen "regelmäßigen Austausch" von Gütern ermöglichte - diese Herden in "Sonder- bzw. Privateigentum" übergingen (Engels 1974, 179) 28. Zudem setzte Engels diesen "Zeitpunkt", zu dem die Herden aus dem "Gemeinbesitz des Stammes" in das alleinige Eigentum einzelner Familienhäupter übergegangen sein sollen, in das unmittelbare Vorfeld der Einführung des Eisens als Werkstoff (Engels 1974, 182). Gleichzeitig soll die Produktionsweise dieser Hirten die "erste große gesellschaftliche Teilung der Arbeit" dargestellt haben, wobei durch die Gegebenheit, daß der erwirtschaftete "Überschuß" in den Bereich des Mannes fiel, dieser sich selbst an die erste und damit die Frau auf die zweite Stelle drängte (Engels 1974, 181). Engels beschrieb weiterhin eine Entwicklung, die neben einer Teilung der Arbeit zwischen Hirtenvölkern und "zurückgebliebenen Völkern ohne Herden" - also den Ackerbauern -, zur Entstehung einer gesellschaftlich dominanten Klasse führte. Diese soll sich - "ohne an der Produktion irgendwie Anteil zu nehmen" - die Aufsicht über die Produktion erobert und die eigentlichen Erzeuger "ökonomisch unterworfen" haben. Indem sie sich zum "unumgänglichen Vermittler" zwischen den Produzenten gemacht und diese damit ausgebeutet haben soll, konnte sie somit "enorme Reichtümer und entsprechenden gesellschaftlichen Einfluß" erwerben (Engels 1974, 185.186).

Die sowjetische Forschung folgte also auch den Thesen F. Engels', indem sie die Abspaltung einer "nomadischen Viehzucht" vom Ackerbau mit dem Übergang von der Bronze- zur Eisenzeit verband. Dies führte dazu, daß der Terminus "frühe Nomaden" 29 für die skythischen Völker verwendet wurde, die mit dem Ende der Bronzezeit in Verbindung gebracht wurden (vgl. Jettmar 1983, 34). Als Terenozkin den Übergang von der Seßhaftigkeit zum Nomadentum mit dem Wechsel von der Bronze- zur Eisenerzeugung verband (Terenozkin 1980, 23), stand er ebenso unter dem Einfluß der Thesen Engels', wie als er feststellte, daß sich die neue Zeit "am deutlichsten in der entscheidend veränderten Stellung des Mannes in der kimmerischen Gesellschaft" äußerte, "der in der Bronzezeit gleichsam im Hintergrund geblieben war"; als "gesellschaftlich dominante Klasse" Engels' kann die "autochthone, zu Reichtum gekommene Militäraristokratie" identifiziert werden, als deren Mitglied "der leicht bewaffnete Kimmerier Sinnbild seiner Zeit" geworden ist (so Terenozkin 1980, 24).

Die enge Anlehnung der marxistisch orientierten Geschichtsforschung an die Thesen Engels' dürfte zudem weitere Folgen gehabt haben. Zwar zitierte Engels selbst Herodot nur bezüglich der Weibergemeinschaft wilder Völker (Engels 1974, 49), aber seine Beschreibung der Zustände, die "an der Schwelle der Zivilisation" geherrscht haben sollen, lassen Assoziationen zur Schilderung Skythiens durch Herodot aufkommen. Zum Beispiel erinnert die von Engels behauptete Teilung der Arbeit zwischen Hirtenvölkern und zurückgebliebenen Völkern ohne Herden an die herodotische Teilung in "Nomadenskythen" und "Ackerbauskythen" (Hdt. IV 17.19). Wenn diese Schilderung Engels als von der Erzählung des Herodot beeinflußt erkannt worden ist, dürfte wohl dem gesamten herodotischen Werk in der marxistischen Geschichtsforschung eine besondere Bedeutung und Glaubwürdigkeit beigemessen worden sein.

Von einem invasionsartigen Vordringen der Kimmerier bis nach Südost- und Mitteleuropa, angeblich "in Übereinstimmung mit dem Bericht des Herodot", wollte Z. Bukowski zwar nicht ausgehen, aber er zweifelte dennoch nicht daran, daß diese in den nordpontischen Steppen beheimatet waren. Seine Behauptung, daß "als einziger Vermittler für die Übertragung der erwähnten Formen nach Westen ... die Bevölkerung der nördlichen Schwarzmeerküste in Betracht [kommt], bei welcher es sich um die historischen Kimmerier handeln muß" (Bukowski 1977, 223), bewies klar, daß auch seine Ansichten indirekt von den Vorgaben Herodots abhängig waren. Ähnlich äußerte sich S.V. Machortych, der von einer "Vermittlerrolle der Kimmerier bei den Kontakten der Karpaten-Donau-Welt sowohl mit der nordpontischen wie auch mit der Bevölkerung des Vorkaukasus" schrieb (Machortych 1998, 447). Die Überlegungen "zum Charakter der sog. vorskythischen Einflüsse im Gebiet der Lausitzer Kultur" führten Bukowski zu dem Ergebnis, daß das bislang unter der Bezeichnung "thrako-kimmerisch" behandelte Fundmaterial durch Aussonderung der "Erzeugnisse von unzweifelhaft östlicher Provenienz" in zwei Gruppen getrennt werden müsse. Für die erste der Gruppen schlug er die Bezeichnung "vorskythisch" vor, was sowohl deren "östliche Provenienz, als auch die Verknüpfung mit einer streng abgesonderten chronologischen Phase im südöstlichen Europa" bezeichnen sollte; die Bezeichnung "thrako-kimmerisch" wollte er indes auf die zweite Gruppe beschränken und ihn "ausschließlich in chronologischem Sinne verstehen, nicht aber zur Bezeichnung der ethnischen Zugehörigkeit ihrer Erzeuger benutzen" (Bukowski 1977, 224). Dieser Vorschlag Bukowskis blieb allerdings nicht ohne Widerspruch. W. Torbrügge beispielsweise bezeichnete ihn "mindestens in chronologischer Hinsicht methodisch ganz unbefriedigend" (Torbrügge 1995b, 449.450). Inwieweit der Begriff "vorskythisch" ausdrücklich die Herkunft der entsprechenden Fundgruppe kennzeichnen kann, ist hierbei unklar, ebenso inwieweit der Begriff "thrako-kimmerisch" einzig in chronologischem Sinne verstanden werden kann, ohne daß Verbindungen zu den aus schriftlichen Quellen abgeleiteten Datierungen hergestellt werden.

Der Sachverhalt, daß zum Beispiel C. Metzner-Nebelsick die Bezeichnung "thrako-kimmerisch" mit dem Attribut "pseudohistorisch" abqualifizierte (Metzner-Nebelsick 1994, 383), scheint zwar auf eine beginnende Loslösung der archäologischen Forschung von den aus schriftlichen Quellen abgeleiteten Prämissen schließen zu lassen. Indem sie jedoch - gewissermaßen zur Erläuterung ihrer ablehnenden Haltung gegenüber dem Begriff "thrako-kimmerisch" - den Terminus "kimmerisch" im Gegensatz zu Bukowski als "ethnischen Sammelbegriff" beibehalten wollte, "unter dem die Hinterlassenschaften der präskythischen Kulturgruppen des nordpontischen Steppengürtels und des nördlichen Kaukasus subsumiert werden", so wird eine indirekte Abhängigkeit durch die Verwendung der Bezeichnung "präskythisch" dennoch deutlich (Metzner-Nebelsick 1994, 383 Anm. 3). S.B. Machortych und E.V. Cernenko schrieben gar von "praeskythischen Funden ... kimmerischer Zeit" und lehnten es ab, die von ihnen besprochene Fundgruppe mit Skythen in Verbindung zu bringen, weil deren Datierung eher für Zusammenhänge mit deren "Vorgängern, den Kimmeriern" spräche (Machortych u. Cernenko 1991, 31.44).

Eindeutig äußerte sich im Jahr 1993 J. Chochorowski, der in seinem "die kimmerische Expansion in das mitteleuropäische Gebiet" behandelnden Werk die beschriebenen "radikalen ethnischen und kulturellen Umwandlungen" im Schwarzmeergebiet im achten und siebten Jahrhundert v. Chr. mit dem "historisch belegten skythisch-kimmerischen Konflikt" begründete (Chochorowski 1993, 326). Und R. Abramischwili schrieb - sich hierbei auf schriftliche Quellen, toponymisches und archäologisches Material berufend -, daß "trotz einiger ... Meinungsverschiedenheiten über das Skythische Reich in der Fachliteratur" doch Einigkeit darüber bestünde, "daß sowohl die Thrako-Kimmerer als auch die Skythen einst auf dem Territorium Transkaukasiens gewesen sein müssen" (Abramischwili 1995, 24). C. Metzner-Nebelsick hingegen stellte in jüngster Zeit im Titel eines Aufsatzes sogar provokativ die Frage, ob "Abschied von den »Thrako-Kimmeriern«" genommen werden müsse. Diese Frage wurde von ihr anschließend aber nicht definitiv beantwortet. Als Ergebnis ihrer Untersuchung faßte sie statt dessen zusammen, daß "eine monokausale Erklärung des spätbronze- und früheisenzeitlichen Fundstoffs pontisch-kaukasischer Prägung im Karpatenbecken und in Mitteleuropa als Resultat einer Einwanderung kimmerischer Reiterkriegerverbände ... nicht aufrechtzuerhalten [ist]." Eher müsse "mit vielen kleineren, über einen längeren Zeitraum verlaufenden Einzelereignissen gerechnet werden", wobei Metzner-Nebelsick zu diesen "Einzelereignissen" ebenso "einzelne Zuwanderungen" zählte "wie die geregelte Kommunikation verschiedener ähnlich strukturierter Kulturgruppen bzw. sozialer Verbände über zum Teil große Distanzen" (Metzner-Nebelsick 1998, 411). Aus diesen Feststellungen leitete Metzner-Nebelsick im Rahmen ihres "historischen Rekonstruktionsversuchs" schließlich die Notwendigkeit ab, "den Begriff »thrako-kimmerisch« durch »pontisch-kaukasische Prägung« oder im Einzelfall (z.B. Dolche) durch »pontisch-kaukasischen Ursprungs« zu ersetzen". Unklar bleibt aber, inwieweit die Ablehnung der Begriffe "thrako-kimmerisch" bzw. "kimmerisch" eine Verbesserung darstellen kann, wenn diese Ablehnung nicht inhaltlich begründet wird 30. Metzner-Nebelsick konnte zwar glaubhaft machen, daß sich aus dem archäologischen Material keine unwiderlegbaren Beweise für eine "einmalige" und geradezu "invasionsartige" Einwanderung von Reiterkriegern herauslesen lassen. Letztendlich lehnte sie aber lediglich die "monokausale Erklärung" des Phänomens "thrako-kimmerische Bronzen" als Resultat einer einmaligen Einwanderung kimmerischer Reiterkriegerverbände ab, während sie "einzelne Zuwanderungen" 31 aus dem pontisch-kaukasischen Raum ebenso als Tatsache ansah wie "geregelte Kommunikation" mit "Kulturgruppen bzw. sozialen Verbänden" im gleichen Gebiet. Die entscheidende Frage auf dem Weg zu einer "historischen" Interpretation, ob es sich bei den vereinzelt zugewanderten Gruppen bzw. bei den Bewohnern des pontisch-kaukasischen Raums, mit denen Kontakte gepflegt wurden, überhaupt um Kimmerier gehandelt haben könnte, hat Metzner-Nebelsick erst gar nicht gestellt.

Die seit dem Aufkommen des Begriffs der "thrako-kimmerischen Bronzen" in der archäologischen Forschung erzielten Ergebnisse lassen sich immer weniger mit den aus den schriftlichen Quellen gewonnenen Ergebnissen vereinbaren. N.K. Sandars behauptete deshalb wohl zu recht, "das Streiflicht schriftlicher Quellen bringe hier eher Konfusion, als daß es zur Klärung beitragen könne" (Sandars 1971, 873). Eine mögliche Konsequenz wäre folglich, auf dieses "Streiflicht" gänzlich zu verzichten. Allerdings können selbst kritische Stimmen es nicht unterlassen, immer wieder auf den Umstand hinzuweisen, daß schon "antike Gelehrte" die nordpontische Steppe als "Heimat der Kimmerier" bezeichneten (so etwa Kossack 1980, 109). Alternativ bietet sich also eine kritische Untersuchung der Aussagen dieser "antiken Gelehrten" an, um die Verwirrung, die durch deren Aussagen angeblich hervorgerufen wird, aufzulösen.


7 Kothe machte aber auch darauf aufmerksam, daß "diese Meinung ... wohl letztlich auf der Angabe Herodots [beruhe], wonach die kimmerioi noch in unmittelbar vorskythischer Zeit die Herren der pontischen Steppen gewesen sein sollen" (Kothe 1963, 6.7).
8 Die von Reinecke geäußerten Ansichten verraten eine gewisse Abhängigkeit von den Ideen G. Kossinnas, der zudem auch davon schrieb, daß "jeder Kenner ... aus der archäologischen Hinterlassenschaft klar zu ersehen [vermag], ... wie weit seit dem 8. Jahrhundert v. Chr. die Skythenherrschaft über Südrussland nach Siebenbürgen, Ungarn und Galizien, ja sporadisch noch nach Ostdeutschland sich erstreckt hat" (Kossinna 1920, 3.4).
9 Auch noch in jüngster Zeit findet der Name der Kimmerier in Arbeiten Verwendung, die sich mit Fragen der Goldschmiedearbeiten in archaischer Zeit beschäftigen (so Bouzek u. Ondrejová 1991).
10 Bereits I. Nestor äußerte die Anschauung, daß der "Depotcharakter" des Fundes "nicht eindeutig bewiesen" sei (Nestor 1934a, 108). Die anläßlich einer erneuten Publikation des Stillfrieder Fundkomplexes von M. Kaus angestellten Überlegungen führten zu der Vermutung, daß es sich nicht um ein Depot handele, sondern um die Vermengung mehrerer Grabinventare (Kaus 1988/89, 248.256.257).
11 So wollte auch E. Patek mit der Benennung "präskythisch" ausdrücken, daß eine Kultur "die Zeitspanne vor dem Beginn der Skythenzeit ... ausfüllt" (Patek 1974, 337). "Unscharf" ist die Benennung "präskythisch" nicht nur deshalb, weil der Zeitpunkt des Eintreffens der Skythen nicht präzise zu fassen ist, sondern vielmehr weil überhaupt keine Abgrenzung nach unten definiert ist. Wie wenig aussagekräftig die Bezeichnung "vorskythisch" ist, läßt sich anhand des Titels eines Kapitels in E.H. Minns Werk "Scythians and Greeks" deutlich belegen: unter der Überschrift "Pre-Scythic Remains in South Russia" gab Minns einen Überblick über die "vorskythische" Geschichte der pontischen Steppen, wobei er mit paläolithischen Funden begann (Minns 1913, 130-148).
12 Holstes Tod am 22.04.1942 verhinderte eine Fortsetzung seiner Forschungen und die Auseinandersetzung mit der Kritik Bittels.
13 Als Kossack diese Situation mit der im vierten und fünften Jahrhundert n. Chr. verglich (Kossack 1954, 146), stand er nicht allein. In seinen "Beiträgen zur Archäologie des Attila-Reiches" nannte J. Werner als Parallele zur Reiternomaden-Problematik des Hunnenreiches auch Kimmerier und Skythen (J. Werner 1956, 3 Anm. 1).
14 Milojcic versäumte es hier, darauf aufmerksam zu machen, daß die Durchbruchtechnik geradewegs als typisch "thrako-kimmerisch" angesehen wird (siehe dazu Bouzek 1971, bes. 84-87).
15 Zuweilen wird bei der zeitlichen Einordnung von Fundkomplexen, die "thrako-kimmerisches" Material enthalten, ohne umfassende Betrachtung der Gesamtheit aller Funde direkt für eine Datierung des gesamten Komplexes an das Ende der Urnenfelderzeit plädiert (vgl. etwa Podborský 1970, 192).
16 Ob das Vorkommen von dreiflügeligen Pfeilspitzen grundsätzlich als Indiz für die Anwesenheit von Skythen zu werten ist, wird auch weiterhin diskutiert (vgl. Andraschko 1991).
17 Den Ansatz der Stufe "Hallstatt B 3" am "Ende von Hallstatt B oder zwischen B und C" leitete Leskov auch daraus ab, daß diese "zur Zeit des Auftretens der ältesten griechischen Kolonien in Italien beginnt" (Leskov 1974, 51).
18 Z. Bukowski dagegen bemühte die Seitenstangen vom "Typ Cernogorovka", die "nach Ha B 3 datiert" seien, um seine zeitliche Einordnung der Depots aus Cernotin und Karmin mit "Pferdegeschirrteilen östlichen Ursprungs" "in die Zeit Ha B/C" zu untermauern (Bukowski 1977, 219).
19 Inwieweit sich die Behauptung V. Klockos, daß die Pferdegeschirrteile "kimmerischen Typs" aus den Hortfunden von Prügy und Vetis, die er in das 10. bis 9. Jahrhundert v. Chr. datiert, "nur als Vorläufer einiger Details des Novocerkassker Zaumzeugs angesprochen werden" könnten, mit dieser Feststellung Kossacks verträgt, ist zu prüfen (Klocko 1996, 153.154).
20 Es soll deshalb darauf aufmerksam gemacht werden, daß Werner hinsichtlich der "thrako-kimmerischen" Funde eine "historische Verknüpfung" nur mit "den Kimmeriern Südrusslands" für möglich hielt und einen durch diese Bronzen angezeigten "Horizont" im achten Jahrhundert v. Chr. vermutete (J. Werner 1961, 388.389).
21 G. Jacob-Friesen berief sich bei der Behauptung, daß es sich bei den Abzeichen "um Keulen handele, die ihren Charakter als Waffe im wesentlichen verloren hätten und die man als Szepter betrachten dürfe" auf J. Werner (Jacob-Friesen 1968, 73), der aber festgestellt hatte, "dass auch die ‘thrako-kimmerischen’ Pferdekopfkeulen Würdeabzeichen und nicht einfache Waffen gewesen sind" (J. Werner 1961, 389).
22 Die von Metzner-Nebelsick in den ihren Aufsatz einleitenden Worten angekündigte monographische Behandlung des Themas ist bislang noch nicht erfolgt (vgl. Fußnote 1 im Vorwort).
23 Die von Metzner-Nebelsick erwähnte "gewisse zeitliche Staffelung" kam mit der Eingrenzung der Funde zwischen dem neunten und dem siebten Jahrhundert v. Chr. über die bereits bekannten Einordnungen von "thrako-kimmerischen" Fundkomplexen in die Stufen Hallstatt B 2, B 3 und C nicht hinaus (vgl. Metzner-Nebelsick 1994, 408; ebenso Kemenczei 1981, 40.41).
24 Jedoch muß, wenn ein "Austausch" von Geschenken stattgefunden haben soll, auch nach den Gegenständen gefragt werden, die sich als "Gegengeschenke" angeboten hätten.
25 Kontakte zwischen Herrschern über große Distanzen hinweg müssen wohl wirklich vorausgesetzt werden. Es scheint allerdings wenig sinnvoll, den "mythischen Bericht der Argonautika" hier als "literarisches Zeugnis" für diese Kontakte anzuführen (Metzner-Nebelsick 1998, 390.391).
26 Zu marxistischen Ansätzen in der Vor- und Frühgeschichtsforschung vgl. auch Bernbeck 1997, 295-319.
27 Die Anfänge dieser "produzierenden Wirtschaft" lassen sich bis an das Ende des dritten Jahrtausends v. Chr. zurückverfolgen (vgl. Jettmar 1966b).
28 Verf. zitiert Engels nach der 12. Auflage des bereits 1884 erstmalig veröffentlichten Werks über den "Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates".
29 Demnach folgte also auch R. Rolle dem von Engels aufgebrachten Sprachgebrauch, da sie unter dem Begriff "osteuropäische Reiternomaden" der Antike "die verschiedenen skythischen Stammesgruppierungen" verstand (vgl. Rolle 1985, 461).
30 B. Sasse empfahl beispielsweise in einer Studie über "Die Westgoten in Südfrankreich und Spanien", Fund- und Befundbezeichnungen, denen historische Interpretationen zugrunde liegen, zu vermeiden, weil "Bezeichnungen wie »Westgotische Silberblechfibeln«, »westgotische Adlerfibeln«, »ostgotische Fibeln«, auch »Fibeln von ostgotischem Typ« ... in dem Augenblick falsch [werden], wo die betreffenden Gegenstände in größerer Zahl in Gebieten gefunden werden, die der historischen Interpretation nicht entsprechen" und wies darauf hin, daß "eine interpretative Terminologie ... vor allem für die ihr ausgelieferten Nachbarfächer eine Anziehungskraft [hat], die zu falschen Folgethesen führen kann" (Sasse 1997, 41.42).
31 Dieses Bild von "einzelnen Zuwanderungen" scheint sich zudem an die Auffassung von W. Schüle anzulehnen, der sich das "sporadische Einsickern kleinerer Einheiten" vorstellte, die "sich bald wieder zurückzogen oder in ihnen zusagenden Gegenden kleinere und größere 'Herrschaftsbereiche' begründeten", wobei das "Neben-, Mit- und Gegeneinander nomadischer, bäuerlicher und städtischer Bevölkerungsgruppen" zu registrierbaren Veränderungen führte (Schüle 1969, 55).


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